Die Ursachenforschung nach dem Scheitern des österreichischen Fußballteams bei der Euro in Frankreich förderte jede Menge an Unzulänglichkeiten zutage. Die am Montag in Tiflis startende WM-Qualifikation bietet die Chance, die Fehler nicht zu wiederholen, und die spielenden Mitglieder sind guten Willens, das negativ Erlebte in positive Energie umzuwandeln.

1. Die überschätzte Mannschaft.

Die grandiose EM-Qualifikation stellte das Leistungsvermögen der Österreicher in einen nicht ganz der Realität entsprechenden Zusammenhang. Das führte zur Unterschätzung von Teams wie Ungarn und bestätigte die alte Weisheit, dass Hochmut vor dem Fall kommt. Die Teamkicker lernten, dass das bisher Gelernte nicht gereicht hat, und zeigen sich, was unmittelbar nach den Endrundenpartien nicht der Fall war, auch einsichtig. „Sehr viele Spieler haben nicht die Leistung gebracht, die sie bringen können, auch ich nicht. Ich hatte ein sehr schlechtes Match gegen Ungarn, ein passables gegen Portugal und gar keines gegen Island“, bekundet etwa Martin Harnik Demut.

2. Verletzungen und Formkrise.

Die Euro passierte am Ende einer aufreibenden Saison, und viele Nationalkicker hatten mit diesem Umstand besondere Probleme. Marc Janko und Aleksandar Dragovic waren nach Verletzungen nicht fit angetreten, andere wie der überspielte David Alaba außer Form. Das wurde damals praktisch ignoriert, wird sich jedoch unter Einsatz der Vernunft wohl kaum wiederholen. Janko trifft regelmäßig bei Basel, Dragovic ist durch den Wechsel zu Leverkusen zusätzlich motiviert. „Aus solchen Erfahrungen lernt man viel“, so der Verteidiger, der gegen Ungarn ausgeschlossen worden war und gegen Island einen Elfer verschoss. „Wir haben es intern besprochen und sind zu den gleichen Ergebnissen gekommen wie das Trainerteam“, ergänzte „Drago“.

3. Harmonie vs. Konkurrenzkampf.

Der Begriff der Harmonie im Team wurde so überstrapaziert, dass das Band in Frankreich förmlich zerrissen ist. Die von Marcel Koller praktizierte Nibelungentreue erwies sich als Bumerang, der fehlende Konkurrenzkampf wirkte sich negativ auf die Performance der gesamten Mannschaft aus. Dies wird sich ändern, allein schon durch die neuen, jungen Kräfte. Das langjährige Stammpersonal muss sich schön langsam der Austauschbarkeit bewusst sein.

4. Verantwortung & Mut zum Risiko.

Schon der Auftakt in Georgien steht im Zeichen einer hohen Erwartungshaltung. Die Mannschaft steht unter dem Druck, darstellen zu müssen, dass sie besser ist, als sie es bei der Euro gezeigt hat. Die Offensive, in Frankreich auch von Koller sträflich unter Wert gehandelt, muss größeren Spielraum bekommen. Dass Koller in erster Linie angriffsorientierte Leute (Gregoritsch, Schaub, Lazaro) neu hinzu holte, darf als Signal in diese Richtung verstanden werden. Dazu gehört auch die Überlegung, Valentino Lazaro als rechten Verteidiger einzusetzen. Die sogenannten Leistungsträger sind zudem gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen. In Frankreich wurde das Versteckspiel praktiziert.