Erstmals nehmen 24 statt nur 16 Mannschaften an einer EM-Endrunde teil. Freut sich da nicht auch Panini?
HERMANN PAUL: Ja. Mehr Teams bedeuten mehr Sticker, mehr Arbeit und mehr Verantwortung. Unser Werk in Modena arbeitet momentan an sechs Tagen die Woche im Drei-Schicht-Betrieb.

Das bedeutet auch einen Mehraufwand bei der Produktion. Wie viel Sticker produziert das Unternehmen?
PAUL: Zu Hochzeiten, wie aktuell, verlassen rund sieben Millionen Sticker-Packungen täglich unser Haus.

Deutschlands Panini-Chef, Hermann Paul
Deutschlands Panini-Chef, Hermann Paul © PANINI

Wann beginnt die Konzeption für ein Stickerheft für ein Fußball-Großereignis?
PAUL: Unsere Vorbereitungen für Frankreich begannen mit dem Abpfiff des EM-Finales 2012. Von dort an beobachten wir alle Nationalteams und deren Spieler. Intensiver wird es in der Qualifikation. Sobald feststeht, welche Teams an der Endrunde teilnehmen, müssen wir den 20-köpfigen Panini-Kader bestimmen und das Bildmaterial beschaffen.

Wer entscheidet, wer die 20 Teamspieler sind, die pro Land im Heft landen?
PAUL: Dafür ist eine Panini-Redaktion in Italien zuständig.

Wann ist "Redaktionsschluss"?
PAUL: Ende Jänner ist Redaktionsschluss. Da stehen die 20 Spieler fest, dann gehen wir in den Druck.

Den endgültigen EM-Kader geben die Teamchefs erst vier Monate später bekannt. Da lassen sich Fehler wohl nicht vermeiden.
PAUL: Das ist richtig. Es ist schwierig, sich in den Kopf der Teamtrainer hineinzuversetzen. Trotz allem gelang es uns aber bisher, die Fehlerquote niedrig zu halten, 85 Prozent aller gedruckten Spieler waren immer auch bei den Endrunden dabei.

Kann man trotz allem auf Fehler reagieren?
PAUL: Ja. Ist ein von uns berücksichtigter Spieler nicht bei der Europameisterschaft, stellen wir stattdessen Sticker des nachgerückten Fußballers zur Verfügung.

Panini muss sich auch Kritik gefallen lassen. Unglückliche Sammler meinen, dass nicht jeder Spieler-Sticker gleich oft gedruckt wird.
PAUL: Das ist falsch und aus produktionstechnischen Gründen gar nicht möglich. Alle Sticker werden gleich oft gedruckt, und zwar auf Bögen. Diese werden dann von einer Maschine gemischt, die vermeidet, dass in einer Packung zwei idente Sticker landen.

Statistiker fanden beim Album zur WM 2014 jedoch heraus, dass gewisse Sticker in bestimmten Regionen überdurchschnittlich häufig vorkommen, andere dafür kaum. Zufall?
PAUL: Dass bestimmte Regionen einige Spieler seltener haben, ist Zufall. Es gibt eine einfache Rechnung: Wenn jemand David Alaba drei Mal in seiner Sammlung hat, fehlt dieser Sticker natürlich zwei anderen.

Österreich weist weltweit die höchste "Pro-Kopf-Sammelquote" auf - warum kleben wir so gerne?
PAUL: Mitteleuropäische Länder sind bei uns ohnehin stärker vertreten als etwa südeuropäische. Das sind lesestarke Länder, das Medium Papier genießt hier noch besonderen Stellenwert. Die nach wie vor große Leidenschaft fürs Sammeln liegt vielleicht auch in der Natur des Menschen, der ja als Jäger und Sammler geboren ist.

INTERVIEW: DAVID BAUMGARTNER