Roman Mählich ist immer gut gelaunt, egal, was passiert. Es macht den Eindruck, als könne Sie nichts erschüttern. Woher kommt dieser positive Zugang?
ROMAN MÄHLICH: Ich weiß es auch nicht genau. Aber es freut mich, wenn ich gefragt werde, warum ich ein positiver Mensch bin. Die Jammerei hat ja auch gar keinen Sinn. Ich habe meinen Spielern auch beim Trainingslager in Belek, wo wir wettertechnisch nicht die besten Bedingungen hatten, gesagt: „Wir können jetzt jammern und trainieren oder wir jammern nicht und trainieren. Denn trainieren tun wir immer.“

Sie bevorzugen lange Trainingseinheiten. Hat das einen besonderen Grund?
Ein einwandfreier körperlicher Zustand ist die Basis. Unter Ivica Osim haben Spieler, die nicht laufen konnten, nicht gespielt. Hannes Reinmayr etwa ist zwei Jahre auf der Ersatzbank gesessen. Und dass er kicken kann, wusste jeder.

Wie wichtig sind Ihnen die messbaren Parameter bei Spielern?
Ich denke, dass ich zusammen mit Joachim Standfest ganz gut bin, was Taktik und System angeht. Aber im Bereich Fitness kennen sich Walter Niederkofler und Philip Klöckl bestens aus. Umso mehr Experten ich rund um mich habe, umso wohler fühle ich mich. Auf die kann ich mich verlassen. Körperliche Fitness ist immer wichtig, gepaart mit mentaler Stärke, gepaart mit Spielanlage, Taktik und System sowie individueller Qualität. Das alles zusammen entscheidet oft darüber, ob eine Mannschaft Erfolg hat oder eben nicht.

System, Taktik und Co.: Wie wird sich Sturm im Frühjahr präsentieren? Als Ballbesitz- oder Kontermannschaft?
Das System- und Taktikthema ist heutzutage sehr ausgereizt. Was ich im modernen Fußball sehe: Es gibt wenige Mannschaften, die man schubladisieren kann. Generell ist es so, dass sich die Spielstile innerhalb der 90 Minuten ändern und verschwimmen. Ausnahmen gibt es immer, wie etwa Atletico Madrid, die seit Jahren ident spielen. Das ist nicht die Bibel, was ich sage, das ist meine Einschätzung vom Fußball.

Sie, als Meister der Analyse, wie würden Sie Sturm bewerten?
Wir wollen gewisse Sachen anders machen als noch im Herbst.

Was genau?
Ich bin mit Ankündigungen sehr vorsichtig, aber gut: Es wäre sehr schön, wenn es uns gelingen würde, mutiger nach vorne zu attackieren, zumindest phasenweise. Ich weiß, dass wir im Herbst sehr tief gestanden sind. Aber wenn die Mannschaft das gut kann, muss ich auch fragen: Warum soll ich das ändern? Ich bin als Trainer verantwortlich und ich liebe die Verantwortung. Und solange ich Trainer bin, entscheide auch ich, wie wir spielen. Ich trainiere tagtäglich mit der Mannschaft. Und man bekommt auch ein Gespür, was man von seiner Mannschaft verlangen kann. Die Mannschaft muss sich schon auch sicher fühlen, in dem, was wir versuchen, umzusetzen.

Inwieweit entscheidet die Feinfühligkeit eines Trainers darüber, ob er ein guter Trainer ist?
Das weiß ich nicht, ich gehe auf die Spieler ein.

Ihr Kader umfasst 26 Spieler. Sind das nicht zu viele?
Der Kader ist der Situation angepasst. Wir hatten einige verletzte Spieler, die große Fragezeichen dargestellt haben. Wir haben reagieren müssen.

Ist im zentralen Mittelfeld nicht ein Überangebot an Spielern vorhanden?
Na ja, Ivan Ljubic, Sandi Lovric, Tobias Koch, der leider verletzte Markus Lackner und jetzt noch Juan Dominguez.

Auf welcher Position sehen Sie Otar Kiteishvili?
Als Sechser haben wir ihn probiert, das hat nicht geklappt. Da müsste ich ihn total umdrehen. Und ich will ihn in seinen Vorzügen nicht beschneiden. Er soll dort spielen, wo er sich wohlfühlt, also offensiver.

Heißt das, dass die Spieler sich ihre Positionen aussuchen können?
So weit geht es nicht. Ich bin aber der Meinung: Wer sich wohlfühlt, bringt mehr Leistung. Wer nicht gerne zum Training kommt oder nicht gerne ins Büro geht, wird nicht alles geben können oder wollen. Ein korrekter Umgang auf Augenhöhe ist wichtig.

Inwieweit birgt eine zu ausgeprägte Wohlfühloase auch Gefahren?
Wohlfühlen darf man nicht mit gegenseitigem Bauchpinseln verwechseln. Das ist ein großer Unterschied. Ich spreche Dinge, die mir nicht passen, auch hart an.

Wie oft mussten Sie in der Vorbereitung laut werden?
Es ist ein sehr guter Zug in der Truppe. Mir taugt es und ich denke, ihnen auch.

Was passiert, wenn Sturm nicht das obere Play-off schafft?
Dann werden wir logischerweise einmal enttäuscht sein, weil wir ein Ziel verfehlt haben. Aber die Erde dreht sich weiter.

Welche Konsequenzen wären in diesem Fall denkbar?
Was mich betrifft? Keine Ahnung. Aber man muss es realistisch sehen. Wenn wir im Herbst die zehn Punkte nicht gemacht hätten, würden wir nicht darüber reden. Wenn es nicht so gelaufen wäre, wie es gelaufen ist, gäbe es die Frage nicht. Daher sehe ich die Frage positiv. Als ich gekommen bin, war der Tenor: „Das geht sich nicht aus.“ Es ist super gelaufen, aber es bleibt schwierig.

Viele Fans bemängeln die fehlende Philosophie bei Sturm. Inwieweit sehen Sie die Verpflichtung des Spaniers Juan Dominguez als ein Zeichen, die klar gegen die Jugend gerichtet ist?
Ich bin jetzt drei Monate hier. Aber wir haben vier U21-Teamspieler. Michael Lema war schon vor meiner Zeit im Kader und Tobias Koch hat in der Vorbereitung regelmäßig gespielt. Und auch Florian Ferk hat gespielt. Die Zeit zum Jammern ist noch zu früh. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man nicht sagen: Wir geben der Jugend keine Chance. Dario Maresic und Lukas Fadinger sind auch nicht gerade alt. Ich kann aber auch nicht sagen, dass wir mit vier oder fünf Jungen spielen werden. Der Leistungsgedanke steht logischerweise schon im Vordergrund. Die Diskussion ist jetzt verfrüht.

Ihre Mannschaft startet am Sonntag in Mattersburg in die Bundesliga-Rückrunde. Was können Sie uns in Bezug auf Ihre Aufstellung verraten?
Es ist kein großes Geheimnis, dass es mit einem Einsatz von Juan Dominguez noch nicht reichen wird. Alles andere behalte ich bis Sonntag für mich.