Wäre der SK Sturm eine Aktie, wie würden Sie den aktuellen Wert beziffern?
CHRISTIAN JAUK: Sturm ist weit mehr als eine Aktie. Sturm ist eine Familie, ein Stück steirisches Lebensgefühl, für manche geradezu eine Religion. Daher darf der Verein nicht auf Zahlen reduziert werden.

Dennoch: Wie kann der Wert wieder gesteigert werden?
JAUK: Der Wert eines Vereins liegt in seinem Potenzial und da gehört Sturm zu den Top vier Österreichs. Wenn es nicht gelingt, das Potenzial abzurufen, kommt Kritik auf. Gerade dann benötigt der Verein die uneingeschränkte Unterstützung seiner Fans. Heute sind wir breiter aufgestellt denn je. Uns fehlen die notwendige Konstanz und manchmal jenes Quäntchen Glück, das in jedem Spiel notwendig ist. Auf Sicht kehrt das Glück bei harter Arbeit sicher zurück.

Das klingt nach Durchhalteparolen.
JAUK: Ganz im Gegenteil. Wir haben Ziele. Weichen wir auf dem Weg dorthin zu sehr ab, wird sehr kontroversiell diskutiert. Aber sicherlich nicht in der Öffentlichkeit. Um Ziele zu erreichen, muss man Ruhe ausstrahlen und den Leuten Vertrauen schenken. Sie können sicher sein: Bei uns herrscht kein Streichelkurs.

Das Spiel am Samstag war wieder von Spruchbändern der Fankurve begleitet. Wie geht der Verein mit der anhaltenden Kritik um?
JAUK: Die Kritik ist Ausdruck der starken Identifikation mit dem Verein. Solange diese respektvoll vorgetragen wird, kann ich gut damit leben. Diese Grenze wurde überschritten. Was für manche ein lustiger Gag sein mag, trifft andere ins Herz. Niemand darf sich wundern, wenn ich es als meine Pflicht ansehe, mich schützend vor meine Leute zu stellen.

Zwei Fragen drängen sich auf: Braucht es wirklich einen Sportdirektor? Und wie sieht der Schutz für Ihre Leute aus?
JAUK: Wir haben Strukturen geschaffen, von denen wir überzeugt sind. Sollten wir den Erfolg gefährdet sehen, wird alles und jeder hinterfragt. Das Miteinander schützt. Wer Respekt missachtet, provoziert Maßnahmen.

Wie wollen Sie das Problem mit der Fankurve dann lösen?
JAUK: Unsere Geschäftsführung traf sich regelmäßig mit den Fanklubs, um den Austausch zu stärken. Seit einigen Wochen finden diese Treffen nicht mehr statt. Stattdessen werden aufwendige Choreos fabriziert, wo man vom Onlineshop bis zum Spielsystem alles kritisiert. Wer Interesse am Wohle Sturms hat, muss auf den Weg zurück zum konstruktiven und respektvollen Dialog finden.

Sind die Vorwürfe nicht gerechtfertigt?
JAUK: Wer die Bühne des Fußballs betritt, weiß, was auf ihn zukommt, speziell bei so einem emotionalen Verein, wie es der SK Sturm ist. Da darf niemand wehleidig sein. Wenn Kritik am Ende zu sinnvollen Lösungen führt, hat sie ihre Wirkung erzielt. Mir erscheint die Kritik derzeit zu wenig lösungsorientiert. Das finde ich schade.

Sportlich liegt aber Sturm hinter seinen Zielen?
JAUK: So wie in den letzten Jahren bleibt das Erreichen eines Europacup-Startplatzes unser sportliches Ziel. Wir sind in der Meisterschaft und im Cup im Rennen. Jeder, der Verantwortung trägt, wird an seinen Ergebnissen gemessen. Ich bleibe Optimist.

Und wie sieht es wirtschaftlich aus? Es gibt Gerüchte, dass es ein Sparprogramm gibt.
JAUK: Unser oberstes Ziel ist die Schuldenfreiheit - und die werden wir am Ende der Saison erreichen. Die Frage ist, ob wir dafür geschaffene Reserven benötigen oder nicht. Das diskutieren wir aber sicher auch nicht in der Öffentlichkeit. Die Geschäftsführer kennen ihre Vorgaben. In Graz gibt es kein Füllhorn des Steuerzahlers wie in Wien.

Christian Jauk
Christian Jauk © KLZ/EDER

Macht es bei der vielen Kritik überhaupt noch Spaß, für Sturm zu arbeiten?
JAUK: Sturm ist mir eine persönliche Herzensangelegenheit. Mein Engagement für unseren Verein ist mir immer eine Freude, unabhängig von der emotionalen Wetterlage.

Heißt das, dass Sie bei der Generalversammlung am 18. Jänner wieder zur Wiederwahl antreten?
JAUK: Zu Weihnachten gibt's immer Überraschungen, also lassen Sie sich bitte auch da überraschen.

INTERVIEW: PETER KLIMKEIT