Als Bundesliga-Vorstand werden Sie öffentlich praktisch nie gelobt, sondern nur hergezerrt, wenn es etwas klarzustellen, zu beruhigen oder zu diskutieren gibt. Können wir loslegen?

Christian Ebenbauer: Das ist Teil meines Jobs, den ich sehr gerne mache. Ich bin bereit.

Eines der brennendsten Themen ist der TV-Vertrag. Sky spricht von 1,8 Millionen Kontakten pro Runde. Können Sie diese Zahl nachvollziehen?

Diese Zahl wurde von Sky erhoben. Ich glaube sogar, dass diese zu niedrig gegriffen ist. Seit der Exklusivität von Sky gibt es für den Fan mehr Möglichkeiten, den Bundesliga-Fußball im Gesamten zu konsumieren: die Konferenz und Einzelspiele auf Sky, im ORF die Highlight-Show am Samstag und Sonntag, die oe24-Abendshow am Sonntag, die ORF-Tvthek im Internet, online und kostenfrei auf den Klubseiten, bei Sky und Laola Kurzberichte direkt nach den Spielen, auf den Internetseiten der Klubs drei Stunden nach Abpfiff die Spiele in voller Länge. Der Gesamtumfang ist sehr hoch.

Dennoch fehlt dem „klassischen“ Fußball-Konsumenten im Fernsehen irgendwie das Free-TV-Spiel.

Der ORF hat alles probiert, dieses Livespiel zu bekommen. Fakt ist aber, dass das Sky-Angebot für die Klubs im Gesamtpaket die beste Option und die einzige Möglichkeit war, dass alle Spiele live ausgestrahlt werden. Wobei die Entwicklung überall in die gleiche Richtung geht. Derzeit gibt es meines Wissens überhaupt nur noch in zwei Ländern ein Free-TV-Spiel: in der Schweiz und in Finnland.

Aus dem TV-Vertrag mit Sky werden rund 24 Millionen an die Vereine verteilt. Können Sie uns bitte etwas über den Aufteilungsschlüssel erzählen?

Die Summe – die ich nicht bestätige – wird in vier Teile geteilt. 30 Prozent werden als Sockelbetrag ausbezahlt, 30 Prozent gibt es für den sportlichen Erfolg (für die erreichte Punkte in der abgelaufenen Saison), 20 Prozent für die Zuschauerzahlen (maßgeblich sind die Kartenabrechnungen) und 20 Prozent für den Österreicher-Topf. Der wird nach den Einsatzminuten österreichischer Spieler berechnet, wobei ergänzend die Minuten von U22-Spielern vierfach zählen.

Sie sprechen die Zuschauerzahlen an. Sind diese für die Bundesliga ein wichtiger Parameter?

Ja, der wichtigste. Daran erkennt man, ob der Fußball die Leute anspricht. Danach erst kommt die Restmaschinerie ins Laufen. Ist keiner im Stadion, dann kommt auch kein TV-Anbieter, dann werden die Medien nicht darüber schreiben.

Die Besucherzahlen (in der Vorsaison waren es rund 1,3 Mio.) sind leicht gestiegen. Was lesen Sie hier heraus?

Dass der neue Modus das Potenzial hat, die Zuschauerzahlen nach oben zu entwickeln. Wir haben aber auch festgestellt: Ist beim jeweiligen Klub der sportliche Erfolg da, gehen die Zahlen rauf. Performt der Klub nicht, fallen sie sofort runter. Aus Deutschland kommt beispielsweise die Rückmeldung, dass die Fans ihre Klubs auch im Abstiegskampf unterstützen. Bei uns ist das eher nicht der Fall. Da haben wir ein Thema. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass der sportliche Erfolg nicht so massiv ausschlägt, wie er es derzeit tut.

Wobei die Gesamtbesucherzahl ja nicht wirklich etwas über die Auslastung der einzelnen Stadien aussagt?

Richtig. Die Auslastung ist für mich sehr wichtig. Jeder Klub sollte ein „bedarfsgerechtes Stadion“ und für sein Umfeld die richtige Größe haben. Beim Rapid-Stadion haben viele gemeint, 28.600 Plätze sind zu wenig. Jetzt stellt sich heraus, dass es richtig war. Ich kann mir auch vorstellen, wenn in Wolfsberg ein geschlossenes Stadion für 7000 Leute steht, kommen die Leute.

Moderne Stadien sollten auch mit moderner Technik ausgestattet sein. Wie steht es um Kameras, mit denen Daten wie die Laufleistung von Spielern ermittelt werden können?

Die sind teilweise seit Jahren vorhanden, seit diesem Jahr flächendeckend. Aus diesen Positionsdaten kann jeder Zentimeter herausgelesen werden, den ein Spieler läuft. Die Klubs haben sich einstimmig dafür entschieden, diese Daten intern zu verwenden, sich gegenseitig auszutauschen – damit aber nicht in die Öffentlichkeit zu gehen.

Thema Torlinientechnik?

Ist kein Thema, weil unfinanzierbar.

Wie ist der Status beim Videoschiedsrichter VAR?

Ich bin ein Befürworter, weil er den Fußball – in welcher Größe auch immer – gerechter machen wird. Auch, weil er dem Schiedsrichter mehr Chancen bietet. Wirtschaftlich ist es natürlich schwierig. Unser Schiri-Budget in der Bundesliga liegt bei einer Million Euro. Beim VAR kommst du unter weiteren 1,5 Millionen Euro nicht weg. Der VAR ist aber wichtig und notwendig. Ich weiß aber nicht, ob Mancher die Hoffnungen nicht zu hoch schraubt. Der VAR wird eine Verbesserung, ist aber kein Allheilmittel.

Ab wann soll er zum Einsatz kommen?

Der ursprüngliche Plan war nach Ende des laufenden TV-Vertrags nach der Saison 2021/22, weil die Gelder bis dahin bereits verplant sind. Nun haben die Klubs aber die Zustimmung erteilt, bereits die laufenden Erträge dafür zu verwenden. Das heißt: Mit dem Finaldurchgang 2021 muss es soweit sein. Und wird es auch. In den kommenden zwei Wochen fällt die Entscheidung über den technischen Dienstleister. Danach beginnen recht rasch die Schulungen.

Wie verfolgen Sie das Rennen in der Fünfjahreswertung um Platz elf und dem Fixplatz in der Champions League?

Täglich. Ich häng’ direkt nach den Spielen am Computer und rechne durch, wie viel uns noch auf Platz elf fehlt. Was wir schon merken: Der österreichische Fußball – auf Vereins- und Nationalteamebene - hat im Ausland an Renommee dazugewonnen. Es wird anders mit uns gesprochen. Der internationale Auftritt ist enorm wichtig.

Wozu ja auch die vielen österreichischen Spieler beitragen?

Richtig. Was wir auch beachten müssen: Der Anteil von Teamspielern, die ihre Karriere im Ausland beginnen, ist verschwindend gering. Großteils werden sie von Bundesliga-Klubs ausgebildet. Ob bis zum 14., 15. oder 25. Lebensjahr ist eine zweite Frage. Aber der Weg geht über die Landesverbände und die Bundesliga ins Ausland und/oder ins Nationalteam. Wenn wir im Sommer auf Klubebene Platz elf erreichen und mit dem Nationalteam eine bessere Euro spielen als 2016, können wir stolz sein.