Da standen sie nun, die Salzburger, ratlos, ungläubig. Was war da soeben geschehen? Inmitten des tosenden Jubels der serbischen Fans, die das gesamte Spiel enormen Lärm produziert hatten, wirkten sie verloren. Dabei hatten sie das Match beherrscht und fast schon gewonnen, wären da nicht jene zwei unerklärlichen Minuten passiert, die ein Spiel auf den Kopf stellten und den Fußball ad absurdum führten.

Trainer Marco Rose brauchte viele Minuten, um sich in der Kabine zu sammeln. Als er herauskam, wirkte er schon wieder gefasst, doch es war klar, dass er litt unter dieser extrem bitteren Situation. Und auch er fand keine Erklärung für das, was da an diesem Fußballabend abgelaufen war. „Ich kann es nicht erklären, ich kann nur sagen, es tut richtig weh. Wir haben so viel investiert. Wir hätten es verdient gehabt“, meinte der Coach und erzählte vom Wehklagen in der gesamten Truppe. „Ich fühle mich dafür verantwortlich, sie wieder aufzurichten“, versuchte er rasch den Blick nach vorne zu werfen.

Tage der Verarbeitung

Aber Rose konnte nicht umhin, der vergebenen Chance nachzutrauern. „Es ist ein extrem bitterer Abend für uns, dass wir in zwei Minuten das 2:0 so aus der Hand gegeben haben. Wir haben auch nach dem 2:2 noch viele Torchancen gehabt. Nun müssen wir das verarbeiten, das wird ein paar Tage dauern, diese Zeit muss man auch mir geben.“ Beim Thema Gerechtigkeit im Fußball blieb Rose gelassen. „Ich habe schon so viel erlebt. Die Belgrad-Spieler werden denken, es war gerecht. Jeder hat seine Art und Weise, Fußball zu spielen“, meinte er zu den völlig unterschiedlichen Auffassungen beider Mannschaften vom Spiel.

Den Blick in die Zukunft ließ Rose aber nicht außer Acht, und so dachte er schon an den nächsten großen Moment in seiner Trainerlaufbahn mit dieser Mannschaft. „Ich habe sie jetzt alle gesehen. Das ist eine so coole Truppe. Ich glaube, dass da noch Großes auf uns wartet“, meinte Rose, der während des Spiels in der Phase nach dem Ausgleich nicht haderte, sondern, wie er erklärte, ausschließlich damit beschäftigt war, sich Gegenmaßnahmen zu überlegen. Am Ende hatte er mit Reinhold Yabo und Smail Prevljak noch zwei Stürmer gebracht.

Salzburg-Sportchef Christoph Freund blieb ebenfalls ein Suchender, ohne Erfolg. "Es ist bitter, es ist eine große Leere da. Wenn man 2:0
führt, darf man das Spiel nicht mehr aus der Hand geben. Das kam aus
dem Nichts, die haben sich keine Chancen herausgespielt. Natürlich
sind wir jetzt wieder die Blöden, wie in den letzten Jahren."

"Wir waren viel besser"

Der Mann, der mit seinen beiden Toren dafür verantwortlich zeichnete, dass die Salzburger in der Champions League ante portas standen, konnte seine tiefe Enttäuschung natürlich auch nicht verbergen. „Wir haben alles gegeben, wir waren viel besser als der Gegner, aber dann haben wir Fehler gemacht wie Kinder“, meinte Munas Dabbur, der darauf verwies, dass die Belgrader auch nach dem 0:2 „nicht versucht“ hätten, Fußball zu spielen, und damit die Unglaublichkeit des Erlebten noch verdeutlichte. „Man kann es nur sehr schwer erklären. Das erste Tor für Roter Stern hat das ganze Geschehen verändert.“

Die Niedergeschlagenheit war auch Andreas Ulmer deutlich anzumerken. „Wir hätten es verdient gehabt. Wenn man auf internationalem Niveau ein paar Minuten nachlässt, dann klingelt es im Tor“, sagte der Kapitän, der seinem Gefühl nach „keine Hektik“ in seiner Mannschaft verspürt hatte und anmerkte, dass „wir bis zum Schluss noch alles versucht haben“. An einen Fluch glaubt er nicht. „Es ist einfach nur bitter.“

Lob vom Gegner

Kaum trösten wird es die Salzburger, dass der Trainer von Roter Stern Belgrad lobende Worte für sie fand. "Dem Gegner muss ich auch gratulieren, sie haben eine super Mannschaft. Sie haben ein gutes System, sie weichen von ihrem System auch nicht ab. Ich gratuliere Salzburg, sie haben Topleute. In der ersten Hälfte hat es nicht gut für uns ausgesehen.
In der Halbzeit haben wir einiges besprochen. Ich bin glücklich,
dass Roter Stern dort ist, wo der Club hingehört, und das ist die
Champions League", meinte der serbische Coach Vladan Milojevic.