Der Geruch von Gegrilltem, Riesenleinwände, Begeisterung, Enttäuschung – dieser Mix wird von 14. Juni bis 14. Juli 2024 wieder in vielen europäischen Haushalten, Gärten oder Public Viewings aufgesaugt werden. Auch die 17. Auflage der Fußball-Europameisterschaft sollte dazu dienen, Fußball-Liebhabern die schönste Zeit des Jahres zu bescheren, und jenen, die der Jagd nach dem runden Leder grundsätzlich nichts abgewinnen können, zumindest interimistisch Passion einzuhauchen.

Ganz normal präsentiert sich auch dieses Großereignis nicht. Erstmals wird es keine Panini-Pickerlalben geben. Wer aber nicht auf das Kleben und Tauschen verzichten will, darf durchatmen. Die Italiener, die mit ihren Pickerln nicht nur Kinderherzen seit mehr als 40 Jahren höher schlagen lassen, haben das Wettbieten um die neue Lizenz verloren. Diese sicherte sich das US-amerikanische Unternehmen Topps.

Zehn Stadien als Spielorte

Zurück zum Ursprung heißt es aber zum Glück beim Blick auf den Ausrichter. Nach der jüngsten EM, die in elf verschiedenen Ländern ausgetragen wurde, hat wieder eine Nation das Exklusivrecht. Deutschland will wie schon bei der WM 2006 nicht nur für ein eigenes Sommermärchen sorgen, sondern auch als grandioser Gastgeber glänzen. Gespielt wird in den imposanten Arenen von München, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Gelsenkirchen, Hamburg, Berlin und Leipzig.

Seit die UEFA entschieden hat, mit der EM 2016 ganze 24 Nationen bei der Endrunde mitspielen zu lassen, zählt sogar Österreich zum Stammgast und qualifiziert sich seither auch immer problemlos und vorzeitig. Nach einem enttäuschenden Vorrunden-Aus 2016 unter Teamchef Marcel Koller folgte 2021 (pandemiebedingt um ein Jahr verschoben) mit Franco Foda der bislang größte Erfolg mit dem Einzug in das Achtelfinale, in dem Christoph Baumgartner und Co. gegen den späteren Europameister Italien erst in der Verlängerung k.o. gingen.

Nur Alaba ist Weltklasse

Das Gros dieser Mannschaft soll auch im Sommer für neue Jubelmeldungen sorgen. Für Kapitän David Alaba, Marko Arnautovic und Marcel Sabitzer könnte es sogar die dritte EM in Folge sein. Dementsprechend spricht ebenjene Erfahrung für die jetzige ÖFB-Equipe. Nahezu alle Spieler haben einen Entwicklungsschritt nach vorne gemacht, wenngleich weiter nur Alaba auf Weltklasse-Niveau unterwegs ist. Immerhin haben sich Konrad Laimer (Bayern) und Xaver Schlager (Leipzig) bei Spitzenklubs zu Stammspielern entwickelt. Etwas, was u. a. Hoffnungsträgern wie Marcel Sabitzer (Dortmund), Nicolas Seiwald (Leipzig), Arnautovic (Inter Mailand) oder Sasa Kalajdzic (Wolverhampton) bei ihren Klubs noch nicht gelang.

Zwei hochkarätige Gegner stehen für die EM bereits fest. Nach dem Auftaktspiel am 17. Juni in Düsseldorf gegen Frankreich findet das dritte und letzte Gruppenspiel am 25. Juni (18 Uhr) in Berlin gegen die Niederlande statt. Ebenfalls in der Hauptstadt wartet am 21. Juni (18 Uhr) noch ein Gegner, der Ende März im Play-off ermittelt wird (Polen, Wales, Finnland oder Estland).

Offensivmöglichkeiten sind begrenzt

Dass Österreich gegen Mannschaften, die gerne das Spiel machen – und dazu zählen Frankreich und Niederlande definitiv –, eher die eigenen Stärken ausspielen kann, ist nicht erst seit der Übernahme von Teamchef Ralf Rangnick so. Probleme gegen gut organisierte, tiefer stehende Kontrahenten blieben ebenfalls bestehen. Angesichts der Offensivmöglichkeiten im eigenen Land wundert das nicht. Österreich kann keine Nation an die Wand spielen.

Die Euphorie im Land erinnert stark an jene vor der EM 2016. Himmelhochjauchzend schwankte aber rasch in zu Tode betrübt um. Etwas Demut wäre ein guter Ratgeber. Denn die zuletzt groß umjubelten Erfolge müssen differenzierter betrachtet werden. Italien und Deutschland wurden in Freundschaftsspielen bezwungen, wobei die Topnationen den Begriff Freundschaft nur allzu sehr beim Wort nahmen. Das 3:0 in der (noch immer nicht allzu wichtig genommenen) Nations League in Kroatien kam ohne Superstar Luka Modric zustande. Mit ihm dominierte der WM-Halbfinalist Österreich in Wien nach Belieben. Ähnlich ist das 1:1 gegen Frankreich einzuordnen. Der Vizeweltmeister lag in Wien ohne Kylian Mbappe 0:1 zurück. Als der Superstar eingewechselt wurde, dauerte es gerade einmal 20 Minuten, bis es im ÖFB-Kasten einschlug. In Paris blieb Österreich ebenfalls ohne Chance, wie zweimal gegen Dänemark oder auch gegen Belgien. Der Punktgewinn in der EM-Qualifikation gegen die Nummer vier der Welt kam äußerst glücklich zustande – und auch dank der Abwesenheit vom besten Belgier, Kevin de Bruyne.

Glück kann Faktor sein

Das Schöne am Fußball: Das Glück spielt nicht selten die Hauptrolle. Wer erinnert sich noch an das vermeintliche 1:0 von Arnautovic bei der EM 2021 gegen Italien in der regulären Spielzeit, das vom Video Assistant Referee wegen einer hauchdünnen Abseitsstellung zurückgenommen wurde? Vielleicht wäre Österreich ja schon damals zur großen Sensation geworden. Niemand hätte etwas dagegen, wenn das ÖFB-Nationalteam das in diesem Sommer nachholt und ein ganz persönliches Sommermärchen schreibt. Und wer ganz ehrlich ist: Die unerwarteten Erfolge sind die allerschönsten.