"Jose Mourinho hat mir gesagt, dass wir Europameister werden können", erklärt Raubein Pepe zu den Chancen der portugiesischen Auswahl – dem ist wenig hinzuzufügen. Eine sattelfeste und eingespielte Hintermannschaft, umsichtig dirigiert vom Real-Verteidiger, ein dynamisches Mittelfeld auf höchstem technischen Niveau, ganz vorne der sicherlich teuerste und zumindest zweitbeste Fußballer der Welt: Portugals Nationalteam erfüllt einige wesentliche Kriterien auf der virtuellen Checkliste: "Wie werde ich Europameister?".

2004 war die "Goldene Generation" rund um Luis Figo und Rui Costa im Finale der Heim-EM noch am großen Druck und der griechischen Mauer, die von Otto "Rehakles" Rehhagel höchstpersönlich errichtet worden war, gescheitert. Seitdem sind acht Jahre ins Land gezogen, und der mit Abstand wichtigste Spieler der "Seleccao das Quinas" ist auch ihr schillerndster: Cristiano Ronaldo ist nicht nur der teuerste, sondern – ganz knapp nach Barcas Fußball-Messi-as – auch der zweitbeste Kicker der Welt. 66 Tore in 65 Begegnungen allein in der Saison 2011/12 sprechen eine deutliche Sprache, da verlieren auch Diskussionen um seine Frisur oder seinen Sixpack an Wert. Bei der EM hat sich der Mann aus Madeira in den ersten beiden Spielen noch nobel zurückgehalten, um dann mit zwei Treffern gegen die enttäuschenden Niederländer und dem Siegtor im Viertelfinale gegen Tschechien seinen Torriecher eindrucksvoll unter Beweis zu stellen. 29 Torschüsse hat der 27-Jährige im Turnierverlauf bisher abgegeben - so viele wie kein anderer Akteur.

David muss gegen Goliath ran

Die Begegnung gegen Dänemark war dafür eine Fehlanzeige, für den Real-Stürmer sprangen aber andere Teamkollegen in die Bresche. Selbst ein Superstar muss ersetzbar sein, auch das Spiel der "Brasilianer Europas" kann zur Not auf Ronaldo verzichten. Sein dynamischer Gegenpart am Flügel, Nani, ist jederzeit für ein Tor gut und auch das Mittelfeld (Meireles, Veloso, Moutinho) bürgt für Offensivqualität, wenn auch die Namen nicht ganz soviel Glamour ausstrahlen wie die Herren Iniesta oder Xavi. Die bisher größte Überraschung innerhalb der portugiesischen Auswahl bei dieser EM heißt aber Pepe, für den ja bei Real Madrid zumeist die "Ungustlvermutung" gilt: Keine groben Schnitzer bei der Ausübung seiner Kernkompetenz (Verteidigen), ein Tor ganz, ein Tor fast erzielt (Dänemark bzw. Deutschland) sowie keine bitterbösen Fouls oder sonstige Verhaltensauffälligkeiten.

Zwei besondere Gründe sprechen schließlich zudem für Ronaldo und Co.: Der spanische Fußball ist bei aller hochstehenden Qualität berechenbar, zumal man sich vom eigenen Verein (Real Madrid) oder von diversen "Clásicos" (FC Barcelona) bestens kennt. Weiters will der kleine dem großen Bruder wieder das "Haxl" stellen, wie etwa bei der EM 2004 in der Gruppenphase. Das jüngste Duell im November 2010 ging übrigens – in aller Freundschaft - mit 4:0 klar an den David, auch am Mittwoch sind Überraschungen nicht auszuschließen.