Spanien macht den Titelhattrick! Zugegeben, jede der verbleibenden vier Mannschaften bei der EM ist stark und kann vom Titel träumen, aber die Überraschungen hat das Turnier bereits hinter sich. Deshalb werden sich die Deutschen – wie bereits 2008 in Wien – gegen die "Furia Roja" eine blutige Nase holen. Ob diesmal wieder Torres das Tor macht, bleibt aber offen.

Aber der Reihe nach: Am Mittwoch geht es im Halbfinale gegen den kleinen Bruder Portugal. Und weil Ronaldo nicht im Tor, in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm zugleich spielen kann, werden sich die Spanier nicht allzu schwer tun. Nicht, dass die restliche Mannschaft der Portugiesen so schlecht wäre, aber das Phänomen CR7 wirft einen langen Schatten und um über sich hinauszuwachsen, braucht es Licht. So gesehen hemmt der Superstar seine Kameraden, allen voran Nani, der auch in Manchester immer noch das schwere Erbe seines Landsmannes spürt. Die Spanier hingegen haben die scheinbar unüberwindbaren Differenzen zwischen der Real-Fraktion und der Barca-Abteilung beiseite gelegt und funktionieren einmal mehr als Einheit. Und obwohl die individuelle Klasse beim Welt- und Europameister unbestritten ist, ist es doch die Mannschaftsleistung, die die Roten unüberwindbar macht. Die Abläufe, Spielzüge und die Rollenverteilung haben einen unvergleichlichen Grad an Perfektion erreicht.

Stürmer haben ausgedient

So nimmt sich Coach Vicente del Bosque sogar die Freiheit, auf Stürmer zu verzichten. Diese Maßnahme hat für allgemeines Staunen gesorgt, hat sich aber auch bezahlt gemacht, weil bei Spanien einfach jeder Tore machen kann. Wenn dabei Offensivkaliber wie Torres oder Llorente auf der Bank bleiben, fällt das kaum ins Gewicht. Und damit sind wir auch schon bei der nächsten großen Stärke der Iberer: der Ersatzbank. Obwohl Carles Puyol und David Villa mit zu den schmerzhaftesten Ausfällen der EM zählen, kann Del Bosque auf Leute wie Mata, Fabregas, Navas, Albiol, Cazorla oder Pedro zurückgreifen. Allesamt Profis, die bei ihren Vereinen einen Stammplatz haben und Jahr für Jahr um internationale Titel mitspielen.

Spanien holt nach der EM 2008 und der WM 2010 also den dritten großen Titel en suite. Ob das noch spannend ist, ob das der Fußballbegeisterung in Europa gut tut, sei dahin gestellt. Den Aufstieg in den Kickerolymp hätten sich bei diesem Turnier auch andere verdient, aber so ist der Fußball.