Irgendwann im vergangenen Herbst erlangten einiger Salzburger die Erkenntnis, dass Pierre Pagé doch nicht so schlecht gewesen sei. Der, als Exzentriker und Autoritätsperson bekannte Kanadier stellte in seiner Ära die Roten Bullen auf den Kopf. Er führte sie allerdings kontinuierlich als Sieger-Mannschaft. Unter Greg Poss rangierten sie heuer an vorletzter Position. Die Spieler sollen dann selbst das Heft bzw. die Taktiktafel in die Hand genommen haben. Mittlerweile zählen die Salzburger wieder zum absoluten Favoritenkreis auf den Meistertitel. Möglich gemacht durch punktuelle und qualitativ hochwertige Transfers (Peter Mueller, Rob Schremp, Martin Stajnoch). Heute darf sich der KAC von deren Qualitäten überzeugen.

Bei den Rotjacken, die zwar fix im Play-off stehen, ist hingegen Krisenstimmung angesagt (zehn Niederlagen in zwölf Partien). Auch wenn das Rotjacken-Trainer Steve Walker so noch nicht deuten will. Der Kanadier, dessen Zeitpunkt der Vertragsverlängerung (bis 2019) sicher nicht günstig gewählt worden ist, findet derzeit kein Rezept. Im Gegensatz zu den Spitzenklubs Wien, Linz oder Salzburg agiert der KAC unstrukturiert. Der Puck geht zu oft im eigenen Drittel verloren und bringt die Rotjacken in Bedrängnis. Powerplays wirken nicht einstudiert. Und die stets propagierte Freiheit auf dem Eis scheint den Spielern auf dem Kopf zu fallen.

Walker: "Keine Panik"

Walker übt sich in Durchhalteparolen: „Natürlich verspürt das ganze Team Druck. Solange wir aber Chancen kreieren, gibt es keinen Grund zur Panik.“ Der Kanadier weist dabei auf die Vielzahl von Schüssen auf das gegnerische Tor hin. Er deutet jedoch an, dass hier Verbesserungen nötig sind. „Wir müssen näher beim Tor stehen und den Goalies die Sicht verstellen“, analysiert der 42-Jährige. Umfassende taktische Veränderungen sind von ihm noch nicht angedacht.

Maßnahmen, die nötig gewesen wären, hat der KAC jedoch glatt verschlafen. Sportdirektor Dieter Kalt hätte reagieren müssen, als im Herbst die Abschlussschwäche offenkundig geworden ist. Stattdessen wurde zu Weihnachten für einen Monat Stefan Espeland geholt sowie ein nun verletzter Andrew Kozek verpflichtet, dem es zudem an Spielpraxis mangelt. Mindestens 30.000 Euro (Gehalt, Wohnung, Auto, Transferkarte, Material, Flüge) dürfte dem KAC diese unternehmerische wie sportliche Arglosigkeit kosten. Für diese Summe plus die Ersparnis aus Richie Regehrs vorzeitigen Abgang sowie aus einer überfälligen Vertragsauflösung bei Jon Rheault, hätte eine attraktive Verstärkung geholt werden können.

Unterschiedliche Sichtweisen?

Generell dürfte die Misere auch an den Nerven der KAC-Verantwortlichen gerüttelt haben. Passte in der Vergangenheit kein Blatt zwischen Geschäftsführer Oliver Pilloni und Kalt, gibt es nun unterschiedliche Sichtweisen zu den Rotjacken-Auftritten. Ob solche Auffassungsunterschiede auch für Verzögerungen in der Kaderplanung verantwortlich sind? Kein einziger der vakanten Österreicher, die für Fehleinkäufe ihre Nase hinhalten müssen und den Stamm verkörpern sollten, wurde bis dato verlängert.

Die Ähnlichkeit zu Salzburg? Mittlerweile gilt Mike Pellegrims nicht mehr als jener „Tyrann“, zu dem er bei seinem Abgang erklärt worden ist. Ob es dem KAC aber gelingt, sich so elegant aus der Affäre zu ziehen, wie sein heutiger Kontrahent (siegten in allen vier Saisonduellen), bleibt fraglich.