Die Ausgangslage ist schwierig. Österreich hat zwei, für den WM-Klassenerhalt so wichtige Spiele verloren. Kratzt das am Selbstbewusstsein?
DANIEL RATUSHNY: Wenn wir nun am Boden zerstört wären, hätten wir alle im Profisport nichts verloren. Manchmal funktionieren Dinge eben nicht so, wie man es sich vorstellt. Dann ist jeder gefordert, einen Weg zurück zu finden.

Das Team steht unter Druck. Müssen Sie in so einer Situation auch Psychologe sein?
RATUSHNY: Druck kann auch neue Energien freisetzen. Die Spieler sind Profis und können damit umgehen. Ich sehe aber kein Motivationsproblem. Außerdem bin ich kein Cheerleader. Es nützt niemandem, wenn ich die Fakten beiseiteschiebe und ihnen irgendwelche Märchen erzähle.

Warum hat es zuletzt nicht mit den notwendigen Siegen geklappt?
RATUSHNY: Die Effizienz vor dem gegnerischen Tor ist ein großes Thema. Es gibt viele Definitionen für Torchancen. Für mich hatten wir 23 gegen Lettland. Das ist eine hohe Zahl. Andererseits habe ich 110 Prozent Einsatz von unseren Spielern gesehen.

Chancen tauchen aber in keiner Statistik auf?
RATUSHNY: Tore fallen automatisch, wenn Chancen kreiert werden. Und bei uns hoffentlich schleunigst. Ich weiß nicht, ob man Tore schießen trainieren kann. Aber wir lassen das auch nicht die Götter entscheiden.

Als Ex-Trainer in Deutschland kennen Sie die Liga. Hilft das für die Analyse des Gegners?
RATUSHNY: Sie sind eine physisch starke Truppe und ähneln in einigen Bereichen sogar den Letten. Für uns spielt aber keine Rolle, wie Deutschland spielt. Es geht darum, wie wir spielen.

Deutschland traf am Sonntag auf Tschechien. Kann sich das auf Ihre Taktik auswirken?
RATUSHNY: Unser spielfreier Tag ist sicher kein Nachteil. Wir werden nicht abwarten. Das ist nicht unser Stil. Wir wollen Druck ausüben und vielleicht sogar Konterchancen kreieren. Aber alles kontrolliert.

Wie ist die Personalsituation?
RATUSHNY: Zum Glück können wir aus dem Vollen schöpfen. Wer im Tor spielen wird, entscheiden wir erst kurz zuvor. Wir werden es aber wieder mit sechs Verteidiger probieren, damit der Rhythmus nicht verloren geht.

Ihr Vertrag als Teamchef, der sich bei Klassenerhalt ja verlängern würde, läuft aus. Wie geht’s weiter?
RATUSHNY: Darüber hab ich mir noch nicht den Kopf zerbrochen. Das entscheide ich im Sommer.

Die Ausgangslage

Österreicher brauchen Punkte
Lediglich ein Sieg gegen Deutschland nach 60 Minuten würde das österreichische Nationalteam mit großer Wahrscheinlichkeit retten. Theoretisch könnten auch zwei Punkte aus den Spielen gegen Deutschland und Kanada reichen. Dann dürfte aber Frankreich nur noch einen Zähler holen. Ein Punkt für Österreich würde bedeuten, dass Frankreich nicht mehr punkten darf. Der WM-Klassenerhalt wäre aber nicht nur ein geschichtsträchtiger Erfolg (zuletzt 2004). Speziell für die junge Generation an Spielern wäre es von immenser Bedeutung, auch kommendes Jahr auf höchstem Niveau zu spielen.

INTERVIEW: MARTIN QUENDLER, PRAG