Was für ein Erstrundenmatch bei den French Open. Da am Nachmittag in Paris Regen eingesetzt hatte, verschob sich die Partie von Sebastian Ofner gegen den Franzosen Terence Atmane nach hinten und konnte erst knapp nach 20 Uhr begonnen werden. Der favorisierte Österreicher, der aus dem Vorjahr ein Achtelfinale zu verteidigen hat, startete nervös und verlor die ersten beiden Sätze mit 3:6, 4:6. Im dritten Durchgang erfing sich der Steirer aber, kämpfte sich ins Tiebreak und verkürzte in Sätzen auf 1:2.

Im vierten Satz zog Ofner schnell davon, führte rasch mit 4:1, ehe Atmane beim Stand von 30:30 nach einem Fehler seinem Frust freien Lauf ließ und einen Ball ins Publikum drosch. Dieser traf eine Zuschauerin, worauf die Partie unterbrochen wurde. Eigentlich hätte der 22-Jährige disqualifiziert werden müssen, doch kam der Lokalmatador nach zehnminütiger Diskussion inklusive Supervisor mit einer Verwarnung davon. Ein Skandal!

Atmane hatte beim Stand von 4:1 für Ofner bei dem Frust-Schlag ins Publikum eine Zuschauerin auf der Kniescheibe getroffen. Den Regeln zufolge hätte die Partie frühzeitig aus sein müssen. Zuerst der Schiedsrichter, dann der erst nach einigen Minuten herbeigeeilte Ober-Schiedsrichter unterhielten sich mit dem „Opfer“, danach wurde auch noch die Meinung von Ofner eingeholt. Zum Unverständnis vieler durfte der Weltranglisten-121., der sich für die Aktion auch nicht entschuldigte, die Partie fortsetzen.

Ofner behielt die Nerven

Ofner spielte weiter und konnte den Durchgang mit 6:2 gewinnen. Im Entscheidungssatz hatte der 28-jährige St. Mareiner nicht nur Altmane, sondern das gesamte, lautstarke Publikum gegen sich. Davon ließ sich Ofner aber nicht beeindrucken und machte um 23.56 Uhr nach 3:39-Stunden den Sack mit 7:5 zu. „Ich weiß gar nicht, wie ich das Match noch gewonnen habe. Aber das war der größte Sieg meiner Karriere.“

Die ersten zweieinhalb Sätze waren so schlecht, dann war ich in der Partie drinnen und hab nur noch gefightet“, sagt der Österreicher. Und zum Skandal: „Ich habe gedacht, das Spiel muss jetzt vorbei sein. Irgendwo muss es Regeln geben – entweder hat man Grenzen, oder nicht.“ und weiter: „Wir sind beim größten Turnier, es ist ein kleiner Platz. Wenn du so etwas machst, dann musst du ab einem gewissen Punkt bestraft werden. Auf der Challenger-Tour bekommst du verrückte Strafen für fast gar nichts, und dann bist du bei einem Grand Slam auf der größten Bühne und du kannst tun, was du willst.“ Den fanatischen Fans stellte er ein gutes Zeugnis aus: „Die Stimmung war mega, das Publikum fair.“ Nach der Partie gab es noch eine lange Einheit mit Physio Stefan Trost, dann musste Ofner noch essen, ehe es spät ins Bett ging.

In der zweiten Runde geht es für den Weltranglisten-45. gegen den Sieger aus Baez (ARG) gegen Heide (BRA). Bereits am Montag im Einsatz ist Ofners steirischer Landsmann Filip Misolic. Der 22-Jährige trifft bei seinem ersten Match in einem Grand-Slam-Hauptbewerb auf Thiem-Bezwinger Otto Virtanen. Der Finne war nach der Absage von Chris O‘Connell als Lucky Loser ins Hauptfeld gerutscht.

Ungewohnte Favoritenrolle

Ofner kann das Montagduell der beiden in Ruhe von der Tribüne verfolgen. Durch seinen Achtelfinal-Einzug 2023 hat das ÖTV-Ass in Roland Garros viele Punkte zu verteidigen. Das spielte im ersten Spiel noch dazu in der hier ungewohnten Favoritenrolle eine Rolle. „Ich glaube, dass alles zusammengespielt hat. Nachdem ich voriges Jahr aus der Qualifikation heraus hier 4. Runde gespielt habe, ist jetzt viel Druck da, es sind viele Punkte zu verteidigen. Das nochmals zu bestätigen, ist richtig schwierig. Generell war ich auch relativ nervös am Anfang und er ist auch ein sehr unangenehmer Spieler und ich habe nicht reingefunden“, erläuterte Ofner.