Montagabend lautete in der Sendung „Sport und Talk im Hangar-7“ auf ServusTV eines der Themen „Druck im Leistungssport“. Ex-Ski-Ass Marco Büchel, Kitzbühel-Turnierdirektor Alexander Antonitsch, Skisprung-Olympiasieger Thomas Morgenstern und Ex-ÖFB-Teamspieler Martin Hinteregger gaben dabei interessante Einblicke in ihr Seelenleben als Spitzensportler und wie sie mit der Belastung von außen in ihrer aktiven Karriere umgegangen sind. Der Liechtensteiner Büchel, 2008 Sieger des Kitzbühel-Super-G, betont dabei, wie wichtig es ist, in gewissen Situationen psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und dass dies heutzutage kein Eingestehen von Schwäche mehr sei.

„Man riskiert seine Gesundheit und sein Leben. Man muss überzeugt sein von dem, was man tut. Am Start ist man im Tunnel und versucht sich zu konzentrieren. Am Ende sieht man die schnelle Linie. Man muss frei im Kopf sein. Diese Aufgabe ist kein Kindergeburtstag. Natürlich hatte ich am Start in Kitzbühel Angst. Das Unterbewusstsein schreit dauerhaft, dass man es bleiben lassen soll. Der Kopf stellt es leise. Dann wirst du rational und machst dir Mut. Du musst überzeugt sein. Angst war früher nie ein Thema. Heute steht jeder dazu, wenn er einen Psychologen aufsucht. Das hat man früher zur Seite geschoben. Es sind extreme Situationen. Viele brauchen einen mentalen Umweg. Das einzugestehen ist eine Stärke“, sagt Büchel.

„Du musst verstehen, dass der Körper das nicht mehr will“

Morgenstern schildert, dass er in seiner herausragenden Karriere oft einen Kampf mit der Angst austragen musste: „Leider konnte ich die Angst nie ablegen. Ich war ein Athlet, der risikobereit war, oft vielleicht zu viel und mit dem Kopf durch die Wand. Den Sturz 2003 in Kuusamo sehe ich immer als Start meiner Karriere. Daraus musste ich lernen. Die Angst bei Wind habe ich schwer aus dem Kopf bekommen.“ 2014 folgte dann der fürchterliche und folgenschwere Sturz am Kulm, der das Ende der Karriere des Kärntners einläutete: „Nach dem Sturz habe ich über den Sommer versucht, wieder ein Ziel zu finden, das mich beim Sport hält. Ich war nach drei, vier Sprüngen fertig, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Die Überwindung hat sehr viel Kraft gekostet. Du musst verstehen, dass der Körper das nicht mehr will. Nur mehr dabei zu sein war es mir das dann nicht mehr wert. Dann habe ich mich entschieden, aufzuhören.“

Für Antonitsch ist es eine der größten Herausforderungen im Spitzensport, auch in schlechten Phasen immer positiv zu bleiben. Das wäre derzeit auch die größte Challenge für Dominic Thiem: „Wenn du Dominic Thiem siehst, wie schwer er sich tut, positiv zu bleiben: Er kämpft mit sich und der Verletzung. Dabei immer positiv zu bleiben, ist so knallhart. Du musst jede Stiege wieder nach oben machen. Jeder, der blöd kommentiert, hat selbst nichts erlebt. Er macht jetzt das vollkommen Richtige. Körperlich muss er topfit sein. Er braucht Matchpraxis, Erfolgserlebnisse. Du musst Schritt für Schritt gehen. Im Training darf er nicht jammern. Er will es sehr wohl. Sonst tut er sich das nicht an. Es ist sehr hart, wieder zurückzukommen. So schön der Sport ist, so brutal kann er sein.“

„Auch Eltern müssen Warnsignale wahrnehmen“

Der Kärntner ortet auch einen Anstieg an Depressionen im Spitzensport – ausgelöst durch den Druck: „Man sieht, wie viele mit Depressionen kämpfen. Das muss man ernst nehmen. Ich sage immer, dass vor allem junge Sportler beschützt werden müssen. Jannik Sinner und sein Manager haben schon oft Termine abgesagt, womit er sich unbeliebt gemacht hat. Besonders bei den Damen sind es jetzt Warnzeichen. Alle verdienen glänzend. Auch im Umfeld. Auch Eltern müssen Warnsignale wahrnehmen. Wir haben damals mit Tennis angefangen, weil wir Spaß hatten. Heute haben Kinder mit zwölf Jahren schon wenig Spaß und viel Druck.“

Der freilich auch durch die sozialen Netzwerke und den dort verbreiteten Hass entsteht: „Das geht überhaupt nicht. Man muss dafür haftbar gemacht werden können. Viele kommen dazu, die ihre Wetten verloren haben. Da muss man was tun. Die Leute, auch Kollegen und Medienkollegen vergessen, was Dominic Thiem erreicht hat. Er ist niemandem etwas schuldig. Du wirst schnell groß gemacht und dann vergisst man schnell. Wenn man unnahbar ist, verzeihen dir Leute Sachen. Das ist menschlich, wenn du nicht abgeschirmt wirst und jedes Interview 18 Mal vorgekaut wird. Auf Dauer kann es so nicht weitergehen. Da muss die Politik was tun“, fordert Antonitsch.

„Ich bin sehr sensibel“

Mit dem großen Druck von außen tat sich auch Hinteregger schwer: „Ich habe mir selbst Druck gemacht. Mich hat der Druck von außen fertiggemacht. Ich bin sehr sensibel und es wurde immer mehr. Als Führungsspieler wurdest du immer mehr rangenommen. Im Nachhinein habe ich reflektiert und mich gefragt, wieso ich es nicht mehr genossen habe. Das war mein Problem. Der Druck, den ich mir selbst gemacht habe, war richtig.“