Herr Polaschek, wie wurden Sie zum Bildungsminister?
MARTIN POLASCHEK: Im Zuge der Regierungsumbildung hat mich Bundeskanzler Karl Nehammer gefragt, ob ich Interesse hätte.

Was halten Sie vom österreichischen Schulsystem? Ist es veraltet?
Nein, aber dass das Schulsystem immer wieder punktuell verbessert gehört, ist keine Frage. Da sich die Lebens- und Umweltbedingungen der Menschen ständig ändern, müssen die Schulen dementsprechend angepasst werden. Aber im Großen und Ganzen finde ich das Schulsystem gut.

Bekommt in Österreich jede Schülerin die gleiche Chance auf Bildung?
Das sollte das Ziel sein, aber es ist eine Herausforderung, vor der wir immer wieder stehen. Wir müssen darauf achten, dass Schülerinnen, die ihren Anspruch auf Bildung nicht wahrnehmen können, dabei unterstützt werden.

Wird auf Schülerinnen mit psychischen Problemen ausreichend eingegangen?
Es wurden zwar Maßnahmen durch inklusive Schulen mit Begleitlehrerinnen getroffen, aber wir müssen immer wieder darauf achten, dass wir hier dazulernen und den betroffenen Schülerinnen und Schülern die bestmöglichen Rahmenbedingungen zur Weiterbildung schaffen. Auch Kinder mit Migrationshintergrund und fehlenden Deutschkenntnissen brauchen zusätzliche Unterstützung für ihren Schul- und weiteren Lebensalltag.

Wie sehen diese Unterstützungen aus?
Das können Förderstunden in der Schule, aber auch externe Plattformen und Lerncafés sein, bei denen sich Schülerinnen aktiv Lernunterstützung holen. Ein weiteres Angebot ist die Sommerschule, bei der Rückstände aufgearbeitet werden. Es muss darauf geachtet werden, dass alle, unabhängig von Herkunft und sozialen Umständen, die gleiche Möglichkeit haben, Bildung zu erwerben.

Spielt Diskriminierung eine große Rolle an den Schulen?
Diskriminierung passiert nach wie vor. Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten und das Bewusstsein in den Menschen schaffen, dass niemand diskriminiert werden darf und alle ein wichtiger Teil der Klassengemeinschaft sind. Aber man hat leider erst spät begonnen, entsprechend aktiv zu werden. Da haben wir alle noch einiges an Arbeit vor uns.

Wenden wir uns Aktuellem zu: Sowohl ukrainische Schülerinnen als auch Lehrerinnen stehen vor großen Herausforderungen. Letztere scheiterten an der Bürokratie und durften bis vor Kurzem nicht unterrichten. Soll das vereinfacht werden?
Wir haben bereits Verbesserungen umgesetzt und Regelungen eingeführt, dass ukrainische Lehrerinnen die Möglichkeit haben, an österreichischen Schulen zu unterrichten. Dafür müssen sie Grundkenntnisse in Deutsch erlernen, aber das können sie auch machen, wenn sie schon an der Schule arbeiten. Solange sie nur mangelnde Deutschkenntnisse haben, können wir sie nicht vollwertig für einzelne Fächer einsetzen. Sie können jetzt schon in die Schulen kommen und begleitend im Unterricht tätig sein, um ukrainische Kinder zu unterstützen.