Nach monatelangen zähen Verhandlungen wollen Deutschland und Frankreich heute, Dienstag, auf Schloss Meseberg bei Berlin eine gemeinsame Linie bei der geplanten EU-Reform festzurren. Das Treffen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist derzeit im Gange, es soll den Weg für den EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel ebnen. Erste mögliche Kompromisslinien zwischen Berlin und Paris zeichnen sich ab:

Neue Geldtöpfe für die Eurozone

Frankreich dringt auf einen eigenen Haushalt für die Eurozone, um Ländern im Krisenfall helfen zu können. Macron hatte ursprünglich mehrere hundert Milliarden Euro dafür gefordert. Merkel kann sich aber höchstens eine Summe "im unteren zweistelligen Milliardenbereich" vorstellen - und will eine "Transferunion" auf jeden Fall vermeiden. Als möglicher Kompromiss gilt ein reduziertes Budget mit strengen Auflagen für die Vergabe der Gelder.

Europäischer Währungsfonds

Zurückhaltend sieht Paris Merkels Vorstoß, den Euro-Rettungsfonds ESM in einen Europäischen Währungsfonds (EWS) auszubauen, der im Krisenfall auch kurzfristige Kredite vergeben könnte. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire nannte den Plan im "Spiegel" zwar interessant. Aber er schränkt ein: "Dieser Vorschlag macht ein eigenes Eurozonenbudget nicht überflüssig."

Euro-Finanzminister

Den Vorschlag Macrons für einen eigenen Finanzminister für die Eurozone hat Frankreich wegen des deutschen Widerstands vorerst auf Eis gelegt. Wirtschaftsminister Le Maire sagte, er sei nur noch das "letzte Puzzlestück" der Reformpläne.

Asyl- und Grenzschutz

Bei diesem Thema sind Merkel und Macron weitgehend auf einer Linie. Merkel wie Macron dringen auf eine europäische Lösung: Ein gemeinsames EU-Asylsystem mit vergleichbaren Standards in allen Ländern. Zudem wollen beide die EU-Grenzschutzbehörde Frontex stärken.

Die Kanzlerin steht allerdings immens unter Druck: Die CSU hat Merkel eine Frist bis Ende Juni eingeräumt, um über eine europäische Lösung zu verhandeln. Ansonsten will die CSU bestimmte Asylbewerber direkt an der deutschen Grenze zurückweisen. Dabei kann sie auf das französische Vorbild verweisen: Nach italienischen Angaben hat Frankreich an der gemeinsamen Grenze allein in den ersten fünf Monaten des Jahres mehr als 10.000 Flüchtlinge abgewiesen.

Verteidigung

Seine Pläne für eine EU-Interventionstruppe hat Macron mit Rücksicht auf Berlin deutlich abgespeckt. Nach Angaben aus dem französischen Verteidigungsministerium könnte zunächst nur eine engere Abstimmung der jeweiligen Generalstäbe erfolgen, um bei militärischen Krisen schneller eingreifen zu können.

Uneinigkeit bestand zuletzt noch bei den Teilnehmern dieser "europäischen Interventions-Initiative": Während Berlin möglichst viele EU-Länder beteiligen will, denkt Paris an eine kleine Gruppe, der auch Italien, Spanien, Portugal, die Niederlande, Belgien, Dänemark und Estland angehören könnten - sowie Großbritannien, und das auch nach dem Brexit.