Die Republikaner haben bei den Kongresswahlen zwar ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlorenDonald Trump gab sich dennoch zufrieden. „Great“ – großartig hätte seine Partei abgeschnitten, freute er sich gestern. Dass die Begeisterung lange halten wird, darf bezweifelt werden: Im Jänner nehmen die neuen Abgeordneten ihre Sitze ein – und die Demokraten haben einiges vor. Dem US-Präsidenten droht eine Welle von Untersuchungsausschüssen. Mit ihrem Sieg erhalten die Demokraten nicht nur den Vorsitz in wichtigen Ausschüssen; sie können nun Gesetzesvorhaben des Präsidenten blockieren oder die Republikaner zu Kompromissen zwingen.

Noch am Wahlabend kündigte die Fraktionschefin der Demokraten, Nancy Pelosi, an, den Präsidenten zu zügeln. Es gibt eine ganze Reihe für Trump heikler Themen, die nun wieder verstärkt aufs Tapet kommen werden: Steuerunterlagen, Geschäftsbeziehungen zu Russland und Interessenskonflikte – in all diesen Bereichen hat sich Trump angreifbar gemacht.

Höchste Priorität für die Demokraten werden zunächst wohl Trumps Steuerunterlagen haben. Der Republikaner hat mit der US-Tradition gebrochen und seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht. Der für Haushaltsfragen zuständige Ausschuss kann den Finanzminister anweisen, die Dokumente auszuhändigen. Diese können dann an die Justiz- und Geheimdienstausschüsse übergeben werden. Die Demokraten werden sich dort sehr dafür interessieren, ob Trump etwa Geschäftsbeziehungen nach Russland pflegte oder Zuwendungen aus dem Ausland erhielt. Letztendlich wird wohl das Oberste Gericht entscheiden – dieser ist allerdings seit der Bestätigung von Richter Brett Kavanaugh wieder republikanisch geprägt.



Der Geheimdienstausschuss könnte den Russlandermittlungen im Kongress neues Leben einhauchen, die von den Republikanern beendet worden waren. Das wäre dann von Bedeutung, sollte Trump Sonderermittler Robert Mueller feuern.

Auch Vorhaben wie das Budget, Einwanderungsbeschränkungen oder der weitere Bau der Mauer zu Mexiko müssten von den Demokraten abgesegnet werden. Dass die Mauer, eines seiner obersten Wahlkampf-Versprechen, wie geplant umgesetzt wird, ist mit dem gestrigen Tag noch unwahrscheinlicher geworden als zuvor.
Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, heißt es von Seiten der Demokraten, sei zunächst nicht geplant. Es müssten die Ergebnisse Muellers abgewartet werden. Das ist auch klug so: Die Chancen, ein Impeachment durchzubringen, sind äußerst gering. Im Senat konnten die Republikaner ihre bestehende Mehrheit durch die Wahl sogar noch weiter ausbauen.

Übertreiben dürfen es die Demokraten ohnehin nicht: Eine trotzige Totalblockade des Kongresses, wie sie die Republikaner gegenüber Barack Obama praktizierten, wird von den wenigsten Wählern goutiert. Dementsprechend gab sich Pelosi nach der Wahl auch versöhnlich: Die Demokraten würden „auf Lösungen hinarbeiten, die uns zusammenbringen, weil wir alle genug von Spaltung haben“. Auch Trump gab sich milde: „Hoffentlich können wir alle im kommenden Jahr zusammenarbeiten“, sagte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.

Nach den Kongresswahlen wird die Politik in den USA alles in allem also nicht einfacher werden – aber zumindest vielfältiger. Neben einem Siegeszug der Frauen sind nun viele Bevölkerungsgruppen im Kongress vertreten, die bisher dort nicht repräsentiert warten (siehe unten). Mit Jared Polis aus Colorado wird zudem erstmals in der US-Geschichte ein bekennender Homosexueller Gouverneur.