Die ÖVP will mit Staatssekretär Florian Tursky das Bürgermeisteramt in Innsbruck zurückerobern. Er wird Spitzenkandidat bei der Direktwahl des Stadtchefs am 14. April 2024. Überraschend kommt diese Personalie nicht, denn die Spatzen pfiffen dieses Gerücht schon seit Monaten vom Goldenen Dach. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe dürfte aber nicht ganz freiwillig gewählt sein.

Erst am Sonntag war der derzeitige ÖVP-Vizebürgermeister Innsbrucks, Johannes Anzengruber, in die Offensive gegangen und hatte per Video auf Facebook seine Kandidatur zum Stadtparteiobmann und damit auch zum Spitzenkandidaten für die Wahl im April angekündigt – gegen den Willen der Volkspartei, die nun eine Entscheidung für Tursky getroffen hat, den langjährigen Bürochef von Landeshauptmann Günther Platter.

Anzengruber will dennoch antreten

Anzengruber ist aber weiterhin zu einer Kandidatur um das Bürgermeisteramt entschlossen. Er will sich beim Stadtparteitag im Herbst jedenfalls um die Obmannschaft bewerben und geht nach eigenen Angaben "nicht davon aus, dass ich verliere", wie er der Kleinen Zeitung sagte. Er beruft sich auf zahlreiche Nachrichten und E-Mails "aus der Basis" in den vergangenen Wochen. Anzengruber sammelt nun auch auf einer eigenen Website Unterstützungserklärungen. Tursky, der seit Mai 2022 im Finanzministerium für Digitalisierung zuständig ist, sagte bei der Präsentation am Dienstag, er wolle "Innsbruck wieder regierbar machen". Unabhängig vom Ausgang der Wahl will er jedenfalls Wien den Rücken kehren und in die Innsbrucker Stadtpolitik wechseln. Bis zur Wahl bleibe er jedoch Staatssekretär, denn: "Innsbruck braucht nicht sieben Monate Wahlkampf".

Innerhalb der Innsbrucker Volkspartei war im August ein offenbar bereits schwelender Konflikt eskaliert, als Anzengruber in einem "Offenen Brief" an den Tiroler ÖVP-Chef und Landeshauptmann Anton Mattle seine Kandidatur bekannt gab. Dieses Vorgehen stieß in der Landespartei auf Kritik, die seit Monaten um ein gemeinsames Antreten mit der Liste "Für Innsbruck" ringt. Deren Chefin Christine Oppitz-Plörer soll laut Informationen der Austria Presse Agentur Anzengruber abgelehnt haben.

Dass es den beiden bürgerlichen Fraktionen in Innsbruck gelang, auf einen grünen Zweig zu kommen, war schon am Montag bekanntgeworden. Auch der Seniorenbund, der in Innsbruck mit eigener Liste antrat, ist dabei. Welchen Namen das gemeinsame Wahlbündnis für die Gemeinderatswahl tragen soll, ist aber noch offen.

Derzeit wird die Stadt vom Grünen Georg Willi geführt, der sich im Jahr 2018 mit 52,9 Prozent in der Stichwahl gegen Amtsinhaberin Oppitz-Plörer durchgesetzt hatte. Damit hatte auch die bürgerliche Vormacht in der Landeshauptstadt geendet.

"Für Innsbruck" war 1994 vom darauffolgenden Bürgermeister Herwig Van Staa gegründet worden, der später zum ÖVP-Landeshauptmann werden sollte. Die beiden Parteien führten eine überwiegend friedliche Koexistenz, es gab jedoch auch etliche Verwerfungen. Diese eskalierten vor allem vor der Gemeinderatswahl im Jahr 2012 aufgrund von ÖVP-Personalentscheidungen. Die Retourkutsche von Oppitz-Plörer war das Antreten mit einer eigenen Liste "Vorwärts Tirol" bei den Landtagswahlen im darauffolgenden Jahr. Mittlerweile ist "Vorwärts Tirol" ebenso verschwunden wie die Animositäten zwischen den beiden bürgerlichen Parteien.