Seit Monaten klagt Österreichs Wirtschaft über einen massiven Arbeitskräftemangel. Dabei geht es längst nicht mehr nur um hoch qualifizierte Fachkräfte, auch für einfachere Tätigkeit fehlen helfende Hände. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich dieser nur verstärken. Um dem entgegenzuwirken, soll es nun einfacher werden, ausländische Arbeitskräfte nach Österreich zu holen.

Darauf haben sich Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) und Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) geeinigt. In einem "Memorandum of Understanding" haben sie sich das Ziel gesetzt, die Attraktivität des Arbeitsstandortes zu steigern. Österreichs Unternehmen soll es außerdem erleichtert werden, internationales Fachpersonal ins Land zu holen. Auch in anderen Ländern werde dafür viel unternommen: "Die Konkurrenz schläft nicht", so Mahrer.

Keine konkreten Zahlen

Konkret sollen bestehende Bemühungen von Arbeitsministerium, Wirtschaftsministerium, Arbeitsmarktservice und Austrian Business Agency besser verschränkt und aufgeteilt werden. Wie viele Arbeitskräfte so aus dem Ausland rekrutiert werden sollen, wollten weder Kocher noch Mahrer beantworten. Es gehe darum, "möglichst viele offene Stellen" zu füllen, sagte der WKO-Präsident.

Wollen auf geregelte Arbeitsmigration setzen: Harald Mahrer und Martin Kocher
Wollen auf geregelte Arbeitsmigration setzen: Harald Mahrer und Martin Kocher © APA/ROLAND SCHLAGER

Kocher machte vor allem Werbung für die Rot-Weiß-Rot-Karte. Deren Reform letzten Herbst trage erste Früchte, sagte er mit Verweis auf einen Anstieg im ersten Quartal um 50 Prozent zum Vorjahresvergleich. Die neuen Möglichkeiten müssten nun "in die Fläche gebracht werden", auch in Zukunft soll die Rot-Weiß-Rot-Karte stetig verbessert werden. Gegenüber der Kleinen Zeitung sieht sich der Agenda-Austria-Ökonom Dénes Kucsera vor allem bei der Visa-Bearbeitung und der in Österreich besonders hohen Besteuerung von Arbeit Potenzial, um ausländische Arbeitskräfte anzusprechen.

Dergleichen sieht das Memorandum aber nicht direkt vor. Stattdessen soll etwa eine Feasibility-Studie für eine Matchingplattform für Mangelberufe durchgeführt und ein gemeinsamer Internet-Auftritt unter workinaustria.com ausgelotet werden. Auch ein Mentoring-Programm, das auf den Erfahrungen des WKO-Programmes "Mentoring für MigrantInnen" aufbaut, soll aufgebaut werden.

Opposition will mehr

Mahrer und Kocher betonten bei der Präsentation des Übereinkommens den Unterschied zwischen Asylwesen und illegaler Migration gegenüber der angestrebten, gezielten Fachmigration: "Wir wollen, dass sich die Wirtschaft aussucht, wer zu uns kommt und nicht die Schlepper", sagte Mahrer erneut. Sorgen, dass Österreich im Ausland als ausländerfeindlich gesehen wird, hat der Wirtschaftskammerpräsident nicht: In den letzten Jahren habe es "eher einen Braingain als einen Braindrain" gegeben, es sind also mehr Fachkräfte gekommen als gegangen: "Also kann Österreich nicht so ausländerfeindlich sein." Im Gegenteil appellierte Mahrer dafür, Österreich als attraktiven Arbeitsmarkt zu bewerben.

"Nicht mehr als heiße Luft" verortete Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft in der heutigen Präsentation. Ihr fehlt es an konkreten Maßnahmen – und jene Stellschrauben, die gedreht würden, würden in die falsche Richtung verschärft. Auch Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker ist es "einfach viel zu wenig", den Arbeitskräftemangel lediglich als Problem zu erkennen. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch findet das Zurückgreifen auf ausländische Arbeitskräfte hingegen "gegenüber der eigenen Bevölkerung unfair".