"Überall hört man vom Fachkräftemangel, Menschen werden sogar aus der Pension zurückgeholt. Ich bin gut ausgebildet, arbeitswillig und erhalte trotzdem nur Absagen – oder nicht einmal das", ärgert sich ein 60-Jähriger aus dem Bezirk Leoben.

Er habe ursprünglich die Lehre im Einzelhandel abgeschlossen, mit 47 Jahren die Lehrabschlussprüfung als Elektrobetriebstechniker abgelegt und mit 56 Jahren jene als IT-Techniker. Auch wenn es ihm gegenüber, außer in einem konkreten Fall, niemand ausspreche, steht für den Arbeitssuchenden fest, dass sein Alter der Hauptgrund für zahlreiche Absagen sei.

"Das ist Altersdiskriminierung", meint der 60-Jährige. Seine Annahme begründet er mit dem Umstand, dass viele der Absagen mit den Worten "wir haben uns für jemand anderen entschieden" quittiert, die Stellen danach aber weiterhin ausgeschrieben worden seien.

60 bis 70 Fälle pro Jahr

Inwieweit das Alter im konkreten Fall ausschlaggebend für die Absagen war, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Dass das Thema Altersdiskriminierung aber durchaus präsent ist, bestätigt Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark: "Wir behandeln circa 600 bis 700 Fälle im Jahr, davon sind zehn bis zwölf Prozent Altersdiskriminierungsfälle."

Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark
Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark © KLZ/Jürgen Fuchs

Als großes Problem in Bezug auf Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt nennt Grabovac das Senioritätsprinzip, also Privilegien wie das Ansteigen des Lohnes mit zunehmender Betriebszugehörigkeit. "Das birgt die Gefahr, dass Jüngere lieber genommen werden, weil sie billiger sind", erklärt Grabovac.

Was hinzukommt: "Mittlerweile gilt man in der Arbeitswelt mit 45 Jahren als alt. Personen zwischen 25 und 45 Jahren sind am attraktivsten für Arbeitgeber, sie sind potent und nicht so teuer", erklärt Grabovac. Anstatt die Erfahrung wertzuschätzen, bestehe gegenüber älteren Arbeitssuchenden hingegen oftmals das Vorurteil, dass sie öfter ausfallen würden und langsamer seien.

"Muss sich keiner gefallen lassen"

Durch die aktuell hohe Beschäftigungsrate werde die Situation etwas gemildert, meint Grabovac. Auch Helmut Wiesmüller, Geschäftsstellenleiter des AMS Leoben, berichtet: "Die Zahl der Arbeitslosen über 50 Jahren war mit Ende März im Bezirk Leoben um zwölf Prozent geringer als vor einem Jahr." Trotz der positiven Entwicklung räumt er ein, dass es für ältere Arbeitssuchende grundsätzlich schwieriger sei, eine Beschäftigung zu bekommen. Die Chancen seien aufgrund des Arbeits- und Fachkräftemangel aber "fast noch nie so gut wie jetzt" gewesen.

Jörg Obergruber von der Arbeiterkammer Leoben rät Betroffenen indes, die Beratung der AK in Anspruch zu nehmen: "Diskriminierung muss sich keiner gefallen lassen. Es gibt klare Rechtsgrundlagen und Anspruch auf Schadenersatz." Auch wenn es nicht "Thema Nummer eins" sei, beschäftige sich die AK Leoben regelmäßig mit Diskriminierung am Arbeitsplatz: "Nicht nur aufgrund des Alters, sondern auch wegen Geschlecht, Schwangerschaft, Religion oder sexueller Orientierung."