Als Christof Zernatto am 25. Juni 1991 zum Kärntner Landeshauptmann gewählt wurde, war das aus zwei Gründen historisch: Einerseits war er der erste ÖVP-Politiker an der Spitze des Landes. Andererseits war Kärnten damit zum ersten österreichischen Bundesland geworden, in dem drei verschiedene Parteien den Landeshauptmann stellten.

„Kärnten ist ein Land der politischen Premieren“, sagt Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin an der FH Kärnten. Die Freiheitlichen firmierten später als BZÖ und dann als FPK – seit 2013 aber wieder als FPÖ. Die fluiden Machtverhältnisse sind ein österreichisches Unikum, in allen anderen Bundesländern waren bis heute maximal zwei Parteien an der Macht.

Bauern wählen nicht automatisch ÖVP

Dass sich die ÖVP im ländlich geprägten Kärnten lange schwertat, liegt an einer weiteren Besonderheit: dem Protestantismus. 7,4 Prozent der Bevölkerung sind evangelisch, bis in die 1990er-Jahre lag der Wert bei über zehn Prozent, nur im Burgenland waren die Zahlen höher. "Historisch hat das eine große Rolle in Kärnten gespielt", sagt Stainer-Hämmerle. "Vor allem für die ÖVP war es ein Problem."

Denn während in anderen Bundesländern Bauern wie selbstverständlich die, katholisch dominierte, Volkspartei wählten, machten sie in Kärnten ihr Kreuz oft bei der FPÖ. Davon profitierte Jörg Haider, der die Partei 1989 zu ihrem ersten Landeshauptmannsessel führte.

Land der unehelichen Kinder

Ökonomisch war das Land lange von der Landwirtschaft und dem Tourismus geprägt. Reichtum brachte das nur wenigen. 1999 war Kärnten, gemessen an der Kaufkraft, das ärmste Bundesland. Zehn Prozent lag man unter dem Bundesschnitt. Die „Armut“ gilt auch als Erklärung für eine der wohl kuriosesten Besonderheiten Kärntens: Nirgends sonst in Österreich werden so viele uneheliche Kinder geboren.

Schon 1885 versuche das Kärntner Landesmuseum, in ihrer Zeitschrift die statistische Eigenart zu ergründen. Auch nach Ende der Monarchie änderte sich daran nichts: 1937 hatten 39 Prozent der Kinder unverheiratete Eltern, 1984 24 Prozent und 2014 52 Prozent – jeweils Höchstwert in Österreich.

Schrumpfendes Unikat

Woran das tatsächlich liegt, ist nicht endgültig geklärt. Denn heute ist Kärnten nicht mehr das Armenhaus des Landes, es liegt im Kaufkraftranking auf dem siebten Platz, nur mehr marginal unter dem österreichischen Mittel. Hauptgrund dafür ist der Strukturwandel, der sich in der Wirtschaft vollzieht. "Neben dem Tourismus hat sich ein relativ starker industrieller Bereich etabliert", sagte Peter Mayerhofer vom WIFO am Freitag dem Ö1-Morgenjournal.

Alle Herausforderungen hat das Bundesland damit nicht überwunden. Seit 20 Jahren stagniert die Einwohnerzahl, laut Bevölkerungsprognose der Statistik Austria ist Kärnten das einzige Bundesland, das bis 2050 nicht wächst. Eine Langfristprognose, die andere Experten als nicht seriös bezeichnen – auch weil der Binnenwanderungssaldo 2020 und 2021 erstmals seit Jahren positiv ausfiel.

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