Wie sehr soll der Staat es fördern, dass Menschen auch in der Pension noch arbeiten gehen? Um diese Frage ist in den vergangenen Tagen eine politische Debatte entbrannt – die nicht notwendigerweise den Linien von Koalitions- und Oppositionspartnern folgt.

Aber der Reihe nach: Wer in Österreich eine Pension erhält und trotzdem noch Erwerbsarbeit leistet, muss trotzdem Pensionsversicherungsbeiträge leisten – aufgeteilt in Abzüge, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer abführen, zusammen sind das immerhin 22,8 Prozent des Bruttogehalts. Dafür steigt im folgenden Jahr die Pension – und man erhält einen kleinen Bonus, den "Höherversicherungsbeitrag".

"Win-win-Situation"

Die ÖVP setzt sich nun dafür ein, die laufenden Beiträge für arbeitende Pensionisten abzuschaffen. Eine "Win-win-Situation" zeichnet darin etwa Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes: Die Pensionisten könnten sich etwas zu ihrer Pension dazuverdienen – Betriebe wiederum könnten deren Know-how länger im Unternehmen halten. Noch dazu würde die Maßnahme als Mittel gegen den Fachkräftemangel wirken: "Viele ältere und pensionierte Fachkräfte stehen als Expertenpool zur Verfügung", so Korosec in einer Aussendung – ihr Potenzial müsse stärker genutzt werden.

Aktuell ist eine Minderheit der Pensionisten nebenbei beschäftigt: Von rund 2,2 Millionen Rentnern im Land sind rund 88.000 erwerbstätig – davon knapp über 50.000 neben einer Alterspension.

Unterstützt wird die Idee nicht nur von der Volkspartei – Finanzminister Magnus Brunner spricht sich ebenso dafür aus wie Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer: Umfragen zufolge wären bis zu 20 Prozent der Beschäftigten bereit, über das Regelpensionsalter hinaus zu arbeiten, sagt WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf.

Grüne und Gewerkschaft sehen "Verdrängungseffekte"

Aus Wirtschaftssicht besonders attraktiv: Mit dem Arbeitgeberbeitrag von 12,55 Prozent würde ein relativ hoher Satz der Lohnnebenkosten wegfallen. Und genau das ruft Widerstand auf den Plan: Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) befürchtet "Verdrängungseffekte", würde die Reform umgesetzt: Pensionierte Beschäftigte könnten nicht-pensionierten Beschäftigten vorgezogen werden, um Lohnnebenkosten zu sparen.

Auch bei der Gewerkschaft sieht diese Gefahr: "Dann wären PensionistInnen, die eigentlich schon durch ihre Pension abgesichert sein sollten, kostengünstiger als Menschen im erwerbsfähigen Alter", warnt die Leitende ÖGB-Sekretärin Ingrid Reischl (SPÖ).

Beim Pensionistenverband hält man dem entgegen, dass diese Verdrängungseffekte kaum ins Gewicht fallen würden: Pensionisten würden kaum als Vollzeitkräfte zur Verfügung stehen.

Eine Absage kommt von der ÖVP dagegen – abermals – zu einer großen Pensionsreform. Die sei im Moment "angesichts der multiplen Krisen" nicht sinnvoll, sagt Brunner in der "TT".