Am Freitag erblickt ein neuer U-Ausschuss das Licht der Welt – allerdings nicht im Parlament, sondern im Wiener Rathaus. Den Vorsitz der sogenannten Untersuchungskommission führen drei Richter, keine Politiker wie im Nationalrat (Wolfgang Sobotka). Auch in der Stadt dürfen die Medien den Befragungen beiwohnen. Bemerkenswerter ist die politische Rollenverteilung: In der Pose des Aufdeckers findet sich die ÖVP wieder, auf der "Anklagebank" muss die SPÖ Platz nehmen. Die Neos, die sich im Bund als Aufklärer einen Namen gemacht haben, agieren etwas schaumgebremster, sie koalieren mit der SPÖ.

Milliardenrettung der Wien Energie wird untersucht

Untersucht werden sollen die Vorgänge rund um die Milliardenrettung der Wien Energie. Aus heiterem Himmel hatte der Energieversorger im Hochsommer an einem Freitag Alarm geschlagen. Sollte der Bund nicht ein paar Milliarden lockermachen, könnte die Wien Energie keine Sicherheiten für den Börsenhandel mit Strom und Gas mehr hinterlegen. Der Finanzbedarf schwankte zwischen zwei und zehn Milliarden. Ursprünglich hieß es, auch die anderen österreichischen Energieversorger stünden vor dem Abgrund, was sich bald als falsch erweisen sollte.

Innerhalb weniger Stunden schnürte der Bund ein zwei Milliarden Euro schweres Paket, das allerdings nie abgerufen werden musste. Bekannt wurde an dem Wochenende außerdem, dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) Notkredite von zweimal je 700 Millionen Euro lockergemacht hatte, ohne die Gremien sofort zu informieren.

Einen Tag vor Start der Untersuchungskommission des Gemeinderats veröffentlichte die Wien Energie am Donnerstag ein Update zur Darlehensrückzahlung. Demnach wurden von den insgesamt 1,4 Milliarden Euro Kreditlinie der Stadt bereits 1,25 Milliarden zurückgezahlt.

"Black Friday": Krisengipfel im Kanzleramt

Für dicke Luft zwischen Türkis-Grün und der Stadt sorgte die Interpretation der dramatischen Geschehnisse um den "Black Friday". Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) stellte damals in den Raum, dass sich die Wien Energie womöglich "verspekuliert" habe. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) brachte Bürgermeister Ludwig mit der Bemerkung auf die Palme, der Bund habe dafür gesorgt, dass in Wien "nicht die Lichter ausgehen". Umgekehrt schäumte der Bund, weil zum kurzfristig einberufenen Krisengipfel im Kanzleramt zwar die halbe Bundesregierung, aber weder Bürgermeister noch Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) erschienen waren.

Die ÖVP will nun die Auswertung von Ludwigs Handy beantragen, es sei, wird beteuert, "kein Revanchefoul" für die türkisen Chat-Enthüllungen. Ludwig hat sich erklärt, den Abgeordneten im Ausschuss Rede und Antwort zu stehen.

Video: Wien Energie wird Fall für die Justiz (14. 9. 2022)