Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid brachte mit seinen Chats nicht nur mehrere Politiker in Bedrängnis, sondern rückte am Wochenende auch "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak in den medialen Fokus. In einem 166-seitigen "Auswertungsbericht" der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind Chat-Unterhaltungen zwischen Schmid und Nowak ersichtlich, in denen Schmid mehrfach bei Nowak intervenierte. Dieser bittet Schmid wiederum um Unterstützung bei seinen Ambitionen auf den ORF-Chefsessel. Die ihm Schmid auch zugesagt hat. Den Posten hat Nowak am Ende nicht bekommen, er hatte sich auch nicht beworben. "Ich hatte keinen Deal mit Thomas Schmid", erklärte der "Presse"-Chef gegenüber der Kleinen Zeitung.

Heute, Montag, wurde nach einer internen Sitzung eine Erklärung der Styria Media Group AG veröffentlicht, in der festgehalten wurde, dass man die Vorwürfe nun "im Rahmen einer internen Prüfung" untersuchen wolle. Nowak selbst "stellt seine Funktionen als Chefredakteur und Herausgeber der 'Presse' aus eigener Entscheidung bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse ruhend", heißt es dort. Florian Asamer, stellvertretender Chefredakteur der "Presse", führe bis zum Vorliegen der Ergebnisse die Chefredaktion. Nowak war 2012 zum achten Chefredakteur der Zeitung aufgestiegen und folgte damals Michael Fleischhacker nach.

ORF-News-TV-Chef Schrom "tritt ab sofort Urlaub an"

Nach Veröffentlichungen von Chats mit dem damaligen Vizekanzler Heinz Christian Strache wird sich nun auch Matthias Schrom als Chefredakteur von ORF 2 zurückziehen. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hat sich an den ORF-Ethikrat gewandt, damit dieser den Sachverhalt rund um die Chats zwischen Schrom und Strache prüfe.
Schrom tritt sofort einen Urlaub an; bis auf Weiteres ist die stellvertretende Chefredakteurin Eva Karabeg interimistisch mit der Redaktionsleitung beauftragt.

"Die Optik der Chats ist verheerend und so habe ich den Ethikrat um Prüfung ersucht. Die Glaubwürdigkeit der ORF-Nachrichten steht trotz dieser Chats weiterhin außer Zweifel. Die ORF-Redakteur/innen arbeiten weisungsfrei und einzig auf Basis von ORF-Gesetz und Redaktionsstatut. Ihre Berichterstattung war, ist und bleibt unbeeinflussbar, das liegt auch daran, dass die bisherige Amtsführung von Matthias Schrom fachlich unumstritten war", ließ Roland Weißmann wissen. Der Ethikrat ist zuständig für die Beratung aller Maßnahmen zur Einhaltung und Eignungsprüfung des Verhaltenskodex für journalistische Tätigkeit.

Der ORF-Redakteursrat reagierte in einer Aussendung: "Um weiteren Schaden von der journalistischen Glaubwürdigkeit des ORF abzuwenden, fordern wir die Geschäftsführung auf, deutliche Konsequenzen zu ziehen. Die Beurlaubung Schroms und die Prüfung des Vorfalls durch den Ethikrat begrüßen wir."

Resümee der ORF-Mitarbeiter: "Die politische Sauberkeit, die wir von anderen einfordern, müssen wir auch im eigenen Haus umsetzen. Um dem betroffenen TV-Chefredakteur und allen Mitgliedern der ORF-News-Redaktion – Radio, TV und Online – die Möglichkeit zur Aussprache zu geben, ist für Donnerstag eine Redaktionsversammlung geplant. Da wird über das weitere Vorgehen beraten", verkündet Dieter Bornemann als Vorsitzender des Redaktionsrates.

In Erklärungsnotstand brachten Schrom Chats aus dem Frühjahr 2019, die aus einem Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hervorgehen. Dabei tauschte sich der damalige ORF-2-Chefredakteur mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Berichterstattung und Personalwünsche der FPÖ aus.


In einem Rundmail an TV-Redakteure und Führungskräfte des ORF räumte der seit 2020 als TV-News-Chefredakteur fungierende Schrom bereits ein, dass der im WKStA-Akt enthaltene Chat-Verlauf "zugegebenermaßen keine glückliche Außenwirkung" habe. Die Unterhaltung habe jedoch vor dem Hintergrund massiver Angriffe durch die FPÖ auf den ORF stattgefunden. "Die Aufrechterhaltung einer Gesprächsbasis zu einer Regierungspartei, die dem ORF nicht nur kritisch, sondern ablehnend gegenüberstand, war wichtig – vor allem, da Personalwünschen nie Rechnung getragen wurde", so Schrom.

Die JournalistInnengewerkschaft forderte angesichts der enthüllten Chats eine Verschärfung des bestehenden Ehrenkodex für die österreichische Presse. Es müsse die Unabhängigkeit der Redaktionen gegen Einflussnahme gestärkt werden. "Eines der wirksamsten und wesentlichen Elemente dafür ist die dringend gebotene Verpflichtung zu Redaktionsstatuten, die nicht nur klare Richtlinien beinhalten, sondern neben der Wahl eines Chefredakteurs auch die Abwahl von Chefredakteuren möglich machen", so Eike-Clemens Kullmann als Vorsitzender.