Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe haben am Donnerstag das im Burgenland geplante neue Pflegemodell kritisiert. Dieses sei "unausgegoren" und über die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen hinweg entwickelt worden, betonten die Pflegeorganisationen in einer Aussendung. Mit der Umstrukturierung, die 71 Stützpunkte für die mobile und teilstationäre Pflege vorsieht, werde ein "funktionierendes System zerschlagen".

Die Trägerorganisationen forderten von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der ihnen sein Vorhaben bei einem Pflegegipfel am Mittwoch vorgestellt hatte, in die Planungen eingebunden zu werden. Die vorgesehenen Stützpunkte decken jeweils eine Region ab und sollen dort Hauskrankenpflege, betreutes Wohnen, Tagesbetreuung sowie Pflege- und Sozialberatung organisieren.

Die gesamte nicht-stationäre Versorgung einer Region soll folglich nur noch ein Träger übernehmen. "Das bedeutet, dass unsere Klientinnen und Klienten ihre Betreuungsorganisation wechseln müssten. Zu den derzeitigen Betreuerinnen und Betreuern wurden aber oft langjährige Beziehungen aufgebaut", betonte Volkshilfe-Präsident Erich Fenninger.

Juristische Bedenken und Angst vor Abwanderung

Für die Betreuer bedeute die geplante Ausschreibung der Stützpunkte, dass sie womöglich zu einem neuen Arbeitgeber wechseln müssen, gab Caritas-Generalsekretärin Anna Parr zu bedenken. "In weiterer Folge wird das auch zu Abwanderung aus der Pflege führen, was angesichts der angespannten Personalsituation die Versorgungssicherheit gefährden wird."

Diakonie-Direktorin Maria Moser hielt fest, dass es "sinnlos und teuer" sei, Infrastruktur zu schaffen, ohne Plan und Bedarfserhebung sowie ohne Einbindung der Organisationen, die das mobile Pflegesystem am Laufen halten würden. Außerdem gebe es juristische Bedenken, meinte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm. Immerhin habe man es mit intakten Vertragsverhältnissen zu tun und es gelte der Vertrauensgrundsatz.

Soziallandesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) reagierte verwundert auf die Kritik der Trägerorganisationen. "Es ist mehr als irritierend, dass einen Tag nach dem Pflegegipfel, der dem Dialog diente, so ein Querschuss kommt", betonte er gegenüber der APA. Ziel des Gipfels sei es gewesen, die Organisationen ins Boot zu holen. Sinnvolle Anregungen nehme man gerne auf, "aber es muss auch in aller Deutlichkeit gesagt werden, dass es uns um die Verbesserung des Angebotes für die Pflegebedürftigen geht und nicht um die Strukturbewahrung", sagte Schneemann.

Im Burgenland finden am Sonntag Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen statt. Die Reform der Pflege sollte nach dem Mindestlohn der nächste große Wurf der Roten werden. Seit Monaten präsentierte Landeshauptmann Doskozil das neue Modell mit Stolz und brachte es auch als Vorbild für den Bund aufs Tableau.