Der Ziegelstein ist offenbar ausgeblieben: Mitte Juni hatte Gerald Grosz angekündigt, zur Bundespräsidentenwahl kandidieren zu wollen, „sofern mir nicht ein Ziegelstein auf den Kopf fällt“. Am gestrigen Mittwoch dürfte der 45-Jährige die nötige Schwelle der 6000 Unterstützungserklärungen geknackt haben, um zur Wahl im Oktober antreten zu können: Ganze 9000 Erklärungen will er heute beim Innenministerium abgeben.

Mit dem Slogan „Make Austria Grosz Again“ will der Ex-BZÖ-Chef Amtsinhaber Alexander Van der Bellen „aus dem Amt drängen“. Immerhin habe „noch nie in der langen demokratischen Geschichte unseres Landes ein politisches System in diesem Ausmaß Schaden zum Nachteil seiner Bürgerinnen und Bürger verursacht, wie die gegenwärtigen Spitzen des Staates“, so Grosz: Die Wahl am 9. Oktober werde „kein Tag der Rache, sondern eine Volksabstimmung über unsere Zukunft“.

Mit einer beträchtlichen Follower-Schar aus dem rechten Spektrum ist Grosz einer der lautesten Polit-Influencer Österreichs: Sein Youtube-Kanal hat 130.000 Abonnenten, seiner Facebook-Seite wird von mehr als 300.000 Accounts „gefolgt“. Damit liegt er in der gleichen Größenkategorie wie Van der Bellen – und weit vor den anderen Spitzenpolitikern des Landes.

Von der FPÖ zu oe24

An diesen Punkt gekommen ist der Grazer durch in Web-Videos (und auf „oe24“) theatralisch vorgetragenen rechten Einheitsbrei. Corona? Macht ganze Völker zu unkritischen Lemmingen. Merkel? Verantwortlich für Tausende Opfer von „Wir schaffen das“. „Gretl“ Thunberg und die „GrünInnen“? Klimaterroristen!

Megafon statt feiner Klinge, das war schon Grosz’ Taktik, als er noch aktiver Politiker war und beispielsweise Graz „säubern“ wollte. Politisch aktiv wurde er unter Jörg Haider in der FPÖ, nach der Spaltung 2005 wechselte er zum BZÖ, auf Vorschlag Haiders wurde er Landesobmann in der Steiermark. 2008 zog er in den Nationalrat ein, nach dem verpassten Wiedereinzug 2013 übernahm er – als erster offen Homosexueller des Dritten Lagers übrigens – die Parteiobmannschaft. 2018 verlieh er die von ihm selbst erfundene „Jörg Haider-Medaille“ an den Vizekanzler Heinz-Christian Strache.