Ex-Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) hatte bereits bei seinem Rücktritt im März von Drohungen gegen sich und seine Familie berichtet. Erstmals seit seinem Ausscheiden aus dem Amt, erzählt der praktische Arzt nun im Nachrichtenmagazin "profil" über den Hass, der ihm und vielen Ärztinnen und Ärzten entgegenschlägt.

Der Tod der Landärztin Lisa-Maria Kellermayr "wühlt auf und zeigt, wie sehr sich ein kleiner Teil der Gesellschaft in der Pandemie radikalisiert hat", sagt Mückstein. Schon im ersten Coronajahr sei die Stimmung in den Wartezimmern aggressiver geworden, "dann kam die Impfung. Sie diente verunsicherten Menschen als Ventil für ihre Angst und Unzufriedenheit", sagt Mückstein: Eine radikalisierte Minderheit habe sich zu anonymen Drohungen hinreißen lassen.

Drohungen gegen die Familie

Als Minister stand Mückstein vier Monate lang unter Polizeischutz: "Untertags durch zwei Polizisten, in der Nacht stand einer vor meiner Türe. Auch vor dem Haus meiner Töchter." Immer wieder habe er Zuschriften von "Ich wünsche Ihnen sieben Spritzen in den Schädel" bis zu konkreten Bedrohungen gegen sich und seine Familie erhalten.

"In einem Mail stand: 'Wenn Sie diese oder jene Maßnahme bis zum Datum X nicht zurücknehmen, schnappen wir uns Ihre Töchter.' In dieser Tonart ging das über Monate." Heute würde der Hass nur noch hereintröpfeln, er erhalte aber immer noch Zuschriften mit "Wir haben Sie nicht vergessen", so Mückstein.

Das Bedrohungsszenario ist immer da

In der Gesellschaft fehle das Bewusstsein, dass diese genauso große Ängste auslösen können wie direkte Beschimpfungen oder Drohungen auf der Straße, so der frühere Gesundheitsminister. "Das dürfen wir nicht mehr länger als reines Dampfablassen am virtuellen Stammtisch bagatellisieren. Das machen Menschen, die mit einem Galgen vor dem Festspielhaus aufmarschieren."

Man reduziere soziale Kontakte, "weil das Bedrohungsszenario da ist", erzählt Mückstein. "Wenn du schusssichere Westen anprobierst, die dann immer mitgeführt werden im Auto, das macht etwas mit dir". Die Unsicherheit, ob seiner Familie etwas passiere, "das war für mich ein zu hoher Preis" – und letztendlich ein wichtiger Grund für seinen Rückzug als Minister.

Auch auf staatlicher Ebene würde sich das Bewusstsein, anonyme Drohungen ernst nehmen zu müssen, erst entwickeln. In rund einem Dutzend Fällen habe er einer Strafverfolgung durch den Staatsschutz zugestimmt. In zweien wurde der Ex-Minister von der Einstellung des Verfahrens informiert. "Von den restlichen Fällen habe ich nichts mehr gehört." Ob die Behörden Ermittlungserfolge erreichen konnten, sei ihm nicht bekannt.