In der Debatte darum, wie sich die hohen Energierechnungen abfedern lassen, lässt der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, Gabriel Felbermayr, mit einem neuen Vorschlag aufhorchen: "Setzen wir einen Deckel auf die Stromrechnungen", sagt er.

Von einer Preisdeckelung, wie sie zuletzt Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gefordert hatte, rät er ab: "Preise zu deckeln heißt immer, Anreize zu verzerren. Es geht aber darum, die Kosten verträglich zu machen", sagt er zur Kleinen Zeitung. Er empfiehlt, die Stromrechnungen einzufrieren.

Konkret könnte das so aussehen: Ein gewisser Anteil des Stromverbrauchs des Vorjahres – zum Beispiel 80 Prozent – könnten als Freistrom für null Euro hergegeben werden. Der Rest soll zu Marktpreisen verrechnet werden: "So erhöht sich die Rechnung nicht, aber die Haushalte haben trotzdem Anreize zum Sparen", sagt Felbermayr. Die Differenz müsse der Staat den Energieunternehmen ersetzen – ob nur die Kosten oder mit Gewinn sei politisch zu entscheiden.

Um einen sozialen Ausgleich zu schaffen, könnte ein Mechanismus geschaffen werden, dass einkommensstarke Haushalte den Geldwert der Subvention im Nachhinein versteuern müssen. "Wir haben hohe Strompreise und sie werden weiter steigen", sagt Felbermayr: "Wir dürfen die Stromrechnungen nicht ins Unermessliche steigen lassen."

Europäisches Einkaufskartell

Auf europäischer Ebene regt Felbermayr eine Abkoppelung des Strompreises vom Gaspreis an.

Die sogenannte "Merit Order", das komplexe europäische Modell zur Strompreisbildung, sei "keine Dummheit". Trotzdem müsse man sich europaweit überlegen: "Wie kann man die Koppelung von Gaspreis und Strompreis entschärfen. Die iberische Lösung ist keine ganz verkehrte", sagt Felbermayr. In Spanien und Portugal ist der Preis für Gas für die Stromerzeugung begrenzt, die Differenz zwischen Marktpreis und Preisdeckel werden den Energieunternehmen erstattet.

"Es wird eine Formel brauchen, wer viel zur Subventionierung der Gaspreise beiträgt", sagt Felbermayr. Dass die Subventionierung in Spanien zu einem höheren Gasverbrauch führt, liege daran, dass der Preis zu niedrig angesetzt ist.

Außerdem empfiehlt Felbermayr ein europäisches Einkaufskartell, um bei Gaseinkäufen koordiniert vorzugehen. "Ein europäisches Kartell könnte auch viel härter gegenüber Russland auftreten", sagt er.

Kritik von Mahrer

Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer hat seine Kritik wiederholt, dass die Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine offenbar "nur mit einer Gehirnhälfte" gedacht wurden. Als Beispiel nennt er im "Kurier" den Ölhandel. "Das wird in großem Stil von Indien gekauft und landet - mit einem entsprechenden Aufschlag - über Umwege wieder in westlichen Industrieländern", so Mahrer.