Die Anklage - Der „Tatplan“ der „Viererbande“ 

Laut Staatsanwaltschaft haben Grasser und Co. kassiert.

Die Staatsanwaltschaft erhebt in ihrer Anklage schwere Vorwürfe gegen Grasser. Er soll gemeinsam mit Meischberger, Hochegger und Ex-Immobilienmakler Ernst Plech (er ist nicht verhandlungsfähig) einen „Tatplan“ ausgeheckt haben, um von seiner Zeit als Finanzminister finanziell zu profitieren.

Beim Verkauf der Bundeswohnungen im Jahr 2004 soll Grasser im Bieterverfahren geheime und für das Verfahren entscheidende Informationen weitergegeben haben, damit „die Viererbande“, wie sie die Staatsanwaltschaft nennt, eine Provision von 9,6 Millionen Euro „einkassieren“ konnte. 200.000 Euro seien zudem bei der Einmietung der Finanz in den Terminal Tower in Linz geflossen, auch hier soll Grasser finanziell profitiert haben. Aufgeteilt habe man sich das so lukrierte Provisionsgeld dann über komplexe Firmen- und Kontokonstruktionen im Ausland. Hochegger gestand, die anderen drei bestreiten das.

Die Staatsanwälte Marchart und Denk
Die Staatsanwälte Marchart und Denk © APA/HANS PUNZ / APA- POOL

Die Angeklagten - Hochegger belastete Grasser

Grasser und Meischberger beteuern ihre Unschuld, Hochegger gestand.

Als die drei ehemaligen Freunde und heutigen Hauptangeklagten Grasser, Meischberger und Hochegger im Dezember 2017 erstmals im Gerichtssaal aufeinandertrafen, wurde noch freundlich distanziert gegrüßt. Doch seit Hocheggers Teilgeständnis, das Grasser und Meischberger schwer belastet hat, herrschte Eiszeit zwischen ihnen. Grasser und Meischberger beteuerten ihre Unschuld, Hochegger sei mit seinem erfundenen Geständnis schlicht auf Strafmilderung aus. Der heute in Brasilien lebende Hochegger betonte, seit seiner vorangegangenen Haftstrafe geläutert zu sein und zu seinen Taten stehen zu wollen.

Grasser und Meischberger zierten sich im Prozess, Fragen der Staatsanwaltschaft zu beantworten, der sie Befangenheit und falsche Behauptungen vorwarfen. Man habe sich jedenfalls nichts zuschulden kommen lassen. Grasser drohen bis zu zehn Jahre Haft sowie hohe Schadenersatzforderungen.

Hochegger, Meischberger und Grasser
Hochegger, Meischberger und Grasser © APA/HERBERT NEUBAUER / APA-POOL

Der Prozess - Zwischen Aufregung und Ermattung

Ein Teilgeständnis sorgte für Wirbel, Protokollberichtigungen für Langeweile.

Die 168 Verhandlungstage im Buwog-Prozess boten Zuschauern wie Medienbeobachtern so einiges, von Aufregung im Saal des Wiener Straflandesgerichtes bis zu gähnender Langeweile war alles dabei. Zu Beginn sorgte das Teilgeständnis des Ex-Lobbyisten und Drittangeklagten Peter Hochegger für Wirbel, Verteidiger und Angeklagte zeigten sich empört. Abgehörte Telefonate zwischen den Hauptangeklagten, im Saal vorgespielt, brachten trotz akustischer Schwierigkeiten spannungsgeladene Stunden, ebenso wie die Befragung von zwei Belastungszeugen, die vor allem gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser verbal austeilten.

Teile der späteren umfangreichen Befragung der insgesamt 150 Zeugen sowie zahlreiche Protokollberichtigungstage stellten für Beteiligte und Zuhörer, aber vor allem für die Schöffen eine große Herausforderung dar. Im Laufe des Verfahrens wurden noch zwei weitere Causae zum Mega-Prozess hinzugefügt: eine Anklage zu schwarzen Kassen der Telekom Austria bei Hocheggers Valora-Gesellschaft und eine gegen Meischberger, der beim Verkauf seiner Villa betrogen haben soll. Die Verfahrensdauer sorgte bis zuletzt für Gespräche zwischen Angeklagten, Verteidigern und Beobachtern in den Pausen. Ein Angeklagter ist inzwischen verstorben, zwei weitere waren krankheitsbedingt kaum anwesend.

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Das Urteil - Der Senat entscheidet

Richterin Hohenecker wird das Urteil verkünden.

Ob die 14 Angeklagten für schuldig oder nicht schuldig befunden werden, entscheidet der Schöffensenat. Den Vorsitz hat Richterin Marion Hohenecker (ein Porträt der Kärntnerin finden Sie im Anschluss), mit ihr entscheiden ein weiterer Berufsrichter sowie zwei Schöffen. Damit der Prozess nicht platzt, wurde im Dezember 2017 mit zwölf Schöffen (zehn als Reserve) gestartet. Am Ende des Prozesses waren nur noch fünf übrig.

Der vierköpfige Senat traf sich nach dem letzten Verhandlungstag Mitte Oktober mehrfach im Wiener Straflandesgericht, wo der unzählige Aktenstapel umfassende Buwog-Akt ein eigenes Zimmer „bewohnt“. Der Lockdown sowie ein Corona-Verdachtsfall sorgten jedoch für weitere Verzögerungen des Urteils, das eigentlich für den Sommer geplant war.

Die Urteilsverkündung in Zeiten von Corona wird für das Gericht eine besondere Herausforderung. Einzuhaltende Abstandsregeln im Saal erschweren die Organisation des massiven Medienandrangs, der erwartet wird, erheblich, zudem haben sich auch zahlreiche Angehörige der Angeklagten angekündigt.

Richterin Marion Hohenecker
Richterin Marion Hohenecker © APA/HERBERT NEUBAUER