Die Koalition ist weiter uneins über die Einführung eines Pfandsystems für Einweg-Plastikflaschen. Eigentlich hätte die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler diese Woche - nicht zuletzt als grünes Signal vor der Wien-Wahl - die Einführung eines Aufschlags im zweistelligen Centbereich pro PET-Flasche verkünden wollen, den der Handel bei der Rückgabe zurückerstatten soll.

Allerdings ging die Wirtschaft auf die Barrikaden - bzw. deren Vertreter in Wirtschaftskammer und ÖVP-Wirtschaftsbund, wo man sich von den Vorschlägen überrumpelt fühlte. Seit Gewessler Anfang September die Einführung eines Pfands als Teil ihres "Drei-Punkte-Plans gegen Plastikmüll" lanciert hatte, kam von dieser Seite Ablehnung: "Die Wirtschaft wird einem kostenintensiven Einwegpfand-System definitiv nicht zustimmen", erklärte WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf am Wochenende. Im Regierungsprogramm hätten ÖVP und Grüne zwar die Reduktion des Plastikmülls vereinbart - aber "aus guten Gründen" (Kopf) nicht explizit per Pfandsystem.

Gipfel ohne Ergebnis

Am Montagvormittag trafen sich beide Seiten dann zu einem Gespräch "auf höchster Ebene" im Bundeskanzleramt - ohne Ergebnis, die Fronten bleiben verhärtet, wie Teilnehmer der Sitzung der Kleinen Zeitung gegenüber erklären: Die Grünen hätten gerne noch diese Woche ein Pfandsystem angekündigt, die Wirtschaft will das nicht. Am Dienstag soll es eine weitere Verhandlungsrunde geben.

Mittel- bis langfristig will niemand eine Einigung ausschließen, "aber nicht als Hauruck-Aktion wegen einer Wahl", heißt es aus Verhandlerkreisen.

Rechtlich kann Gewessler alleine nicht viel bewegen. Zwar räumt das Abfallwirtschaftsgesetz der Umweltministerin die Möglichkeit ein, per Verordnung "die Einhebung eines Pfandbetrags" anzuordnen, um Abfallmengen zu verringern - allerdings braucht sie dazu das Einverständnis der Wirtschaftsministerin. Und die - Margarete Schramböck von der ÖVP - hält sich mit Verweis auf die komplizierte Umstellung und den nötigen Schutz für kleine Händler zurück.

Strafzahlungen drohen

Worum geht es in der Sache? Die EU hat sich geeinigt, dass Mitgliedstaaten, die ihre Recyclingquote (77 Prozent bis 2025, 90 Prozent bis 2030) nicht erfüllen, eine Strafe von 80 Cent pro Kilo nicht wiederverwerteten Plastiks bezahlen müssen. Österreich verfehlt sein Ziel derzeit, weswegen Strafzahlungen von 160 bis 180 Mio. Euro drohen, argumentiert Gewessler. Die Ministerin führt zudem von ihrer Vorgängerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) beauftragte Studien ins Treffen, die Pfandsystemen die höchste Effektivität bei der Müllreduktion attestieren.

Im Wirtschaftsbund argumentiert man dagegen damit, dass das Problem - Wahlkampf ist - vor allem ein Wienerisches sei: Tirol, Vorarlberg, und das Burgenland kämen schon jetzt auf eine 90-prozentige Recyclingquote, auch die meisten Bundesländer wären dank "ambitionierter Programme" auf einem guten Weg, die EU-Sammelquote zu erreichen. "Nur bei Wien wird’s schwierig: Hier werden nur 3 von 10 Flaschen gesammelt, 7 von 10 werden gemeinsam mit dem Restmüll verbrannt", so Wirtschaftsbund-Vize (und ÖVP-Abgeordnete) Carmen Jeitler-Cincelli: Aus ihrer Sicht liege es an Wien, hier tätig zu werden.