Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat den Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne bei der Einschränkung des Ibizia-U-Ausschusses einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nicht nur die Causa Casinos, sondern auch weitere Themen "betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" dürfen so wie von SPÖ und NEOS verlangt untersucht werden, urteilte das Höchstgericht am Dienstag.

Der Beschluss des Geschäftsordnungsausschusses (GO) des Nationalrats, in dem Teile des Verlangens mit Koalitionsmehrheit für unzulässig erklärt worden waren, sei rechtswidrig, so der VfGH in einer Pressemitteilung am Abend. Gemäß Verfassungsgerichtshofgesetz habe dieses Erkenntnis zur Folge, dass der U-Ausschuss im Umfang des ursprünglichen Verlangens von SPÖ und NEOS als eingesetzt gelte.

Gegen die Verfassung

Der GO-Ausschuss könne die gänzliche oder teilweise Unzulässigkeit zwar feststellen, den im Verlangen bezeichneten Untersuchungsgegenstand aber nicht ändern (außer wenn alle stimmberechtigten Ausschussmitglieder zustimmen), so der VfGH. Hier habe er aber das verfolgte politische Anliegen selbst gewichtet und den Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses eigenständig gestaltet, was gegen die Verfassung verstoße, wenn es gegen den Willen der Minderheit erfolge.

ÖVP und Grüne hatten argumentiert, dass es beim U-Ausschuss um einen "bestimmten abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes" gehen müsse. Zudem sei die "Sammlung nicht direkt zusammenhängender Themenbereiche" unzulässig. Die ÖVP hatte in dieser Sache auch ein Rechtsgutachten des Grazer Uni-Juristen Christoph Bezemek eingeholt. All dies wurde vom VfGH aber nicht gewürdigt.

"Blockade" aufgehoben

SPÖ und NEOS hatten das Vorgehen der Regierungsfraktionen als Blockade gewertet, den Grünen wurde seitens der Oppositionsfraktionen Mittäterschaft am ÖVP-"Machtrausch" unterstellt. Die Grünen sprachen hingegen von einer notwendigen Klärung durch das Höchstgericht. Vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt bekamen sie Rückendeckung, Verfassungsrechtler gaben der Beschwerde hingegen von Anfang an gute Chancen.

Die Reaktionen der Fraktionen fielen entsprechend aus, SPÖ und NEOS reagierten hoch erfreut und luden für Mittwochfrüh gleich zu einer gemeinsamen Pressekonferenz. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ortete in einer schriftlichen Stellungnahme einen guten Tag für die Demokratie. Die NEOS sahen die Kontrollrechte der parlamentarischen Minderheit massiv gestärkt. Auch die FPÖ begrüßte die Entscheidung.

Weniger euphorisch nahmen ÖVP und Grüne den VfGH-Spruch auf. "Wir nehmen das zur Kenntnis, können übrigens gut damit leben", sagte die Grüne Ausschuss-Fraktionschefin Nina Tomaselli. Ihr ÖVP-Gegenüber Wolfgang Gerstl befürchtete, dass die nunmehrige Themenfülle konkrete Ergebnisse behindern könnte.