Die türkis-grüne Regierung plant eine Änderung des Scheidungsrechtes. Insbesondere das „Verschuldensprinzip“ soll überprüft und „gegebenenfalls neu geregelt“ werden. Und: Paare, die eine Ehe oder Verpartnerung miteinander eingehen, sollen künftig schon vorher über die rechtlichen Folgen von Ehe und Scheidung informiert werden.

Gut so, sagt Juristin Barbara Scherer vom Grazer Frauenservice. „Die Ehe ist wie ein Vertrag, aber keiner liest die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“ Im Falle der Scheidung müssten die Beteiligten, sofern sie minderjährige Kinder haben, schon heute nachweisen, dass sie sich über die Folgen für die Kinder beraten haben lassen. „Gut wäre es, wenn bereits vor der Ehe mit falschen Bildern aufgeräumt würde.“

Barbara Scherer: "Schon vor der Ehe mit falschen Bildern aufräumen."
Barbara Scherer: "Schon vor der Ehe mit falschen Bildern aufräumen." © Photoreport Helmut Lunghammer

Das Verschuldensprinzip bei Scheidungen, das es anderswo in Europa kaum noch gebe, müsse abgeschafft werden. „Bei strittigen Scheidungen bekommt derjenige, dem die Schuld zugewiesen wird, nur in Ausnahmefällen, wenn minderjährige Kinder da sind oder die Frau nie gearbeitet hat, einen Unterhalt zugesprochen.

Meist sind es die Frauen, die darauf angewiesen sind. Die Frauen kommen unter Druck. Sie müssen vor Gericht das Verschulden des Mannes nachweisen.“

Zum einen neigten Gerichte eher dazu, eine gleichteilige Schuld festzustellen, zum anderen entspreche das oft auch dem Gefühl auch des verlassenen Partners: „Es hat meist viele Gründe und dauert lange, bis eine Ehe zerrüttet ist.“

Die Verknüpfung des Unterhaltsanspruches mit dem Verschulden sei eine „unselige Verquickung“, oft werde der Konflikt auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Besser wäre es, die Ansprüche an den Bedarf zu knüpfen. wie in Deutschland.

Aspekte wie Gewalt in der Ehe könnten beim Fristenlauf weiterhin berücksichtigt werden, dort also, wo es darum geht, wann eine strittige Scheidung frühestens vollzogen werden kann Derzeit gilt für  kontroversiellen Scheidungen eine Frist von drei Jahren, für einvernehmliche Scheidungen eine Frist von einem halben Jahr.

Pensionssplitting

Das Pensionssplitting will die Regierung ebenfalls forcieren. Eine „faire Basis“ für Scherer, wie auch für Bernadette Pöcheim von der Frauen- und Gleichstellungsabteilung der AK: „95 Prozent der Scheidungen sind einvernehmlich, die Frauen verzichten auf Unterhalt und haben auch keinen Anteil am Pensionsanspruch des Mannes. Selbst haben sie dann keine oder nur schlechte Versicherungszeiten, weil sie längere Zeit gar nicht oder in Teilzeit gearbeitet haben.“

Dies sei ein Hauptgrund für die Altersarmut der Frauen. Oft seien die Frauen bereit, alles zu unterschreiben, nur um möglichst schnell einen Schlussstrich ziehen zu können.

Bernadette Pöcheim: "Verzicht bei Scheidung ist oft die Grundlage für Altersarmut der Frauen."

Zusätzlich wünscht sich Pöcheim, dass so wie bei der Altersteilzeit auch bei der Elternteilzeit die Sozialversicherungsbeiträge in der vollen ursprünglichen Höhe weiterlaufen, sowie dass eine bessere Absicherung bzw. Wiedereinstiegsmöglichkeit für pflegende Angehörige geschaffen wird. „Ein Zuschuss, wie ihn die Regierung plant, ist da zuwenig. 80 Prozent der Pflegefälle werden von ihren Angehörigen betreut, meist sind das die Töchter, die dafür eine schlechte Altersversorgung in Kauf nehmen müssen.“