Die von SPÖ, FPÖ und Jetzt geplante Deckelung von Parteispenden würde vor allem ÖVP und Neos treffen. Das zeigen die bisher bekannten Zahlen für das Wahljahr 2017. Die ÖVP hätte im Extremfall auf fast 3,7 Mio. Euro verzichten müssen, die Neos auf 550.000 Euro. Im Jahr davor wäre laut ihrem Rechenschaftsbericht aber auch die SPÖ über der Höchstgrenze von 750.000 Euro gelegen.

Der von SPÖ, FPÖ und Jetzt unterstützte Antrag - er wurde am Montag vom Verfassungsausschuss beschlossen und kommt am Dienstag ins Plenum - sieht wie berichtet eine doppelte Obergrenze für Parteispenden vor: Künftig soll kein Spender mehr als 7.500 Euro jährlich zahlen, und keine Partei mehr als 750.000 Euro einnehmen.

ÖVP wäre massiv betroffen gewesen

Beides hätte bei der letzten Nationalratswahl die ÖVP massiv getroffen. Insgesamt hat die Partei (Bund, Länder, Gemeinden und Bünde) laut ihrer Spendenliste für 2017 nämlich 4,4 Mio. Euro eingesammelt. Das ist um fast 3,7 Mio. Euro mehr als künftig noch erlaubt. Außerdem hat die ÖVP von 58 Spendern mehr als 7.500 Euro erhalten. In Summe waren das 2,4 Mio. Euro, von denen die Partei nach den nun geplanten Regeln nur ein Sechstel hätte behalten dürfen (435.000 Euro).

Am Beispiel der jüngst bekannt gewordenen Großspenden des Porr-Hauptaktionärs Klaus Ortner: Er hat der ÖVP über mehrere Firmen seiner IGO-Gruppe 438.000 Euro geschenkt. Künftig dürfte die gesamte Firmengruppe nur noch 7.500 Euro spenden. Dasselbe gilt auch für KTM-Chef Stefan Pierer, der den Wahlkampf von Sebastian Kurz mit 436.563 Euro unterstützt hat.

Neos hätten Hälfte der Spenden verloren

Hart getroffen hätten die nun geplanten Regeln auch die NEOS. Sie haben 2017 1,06 Mio. Euro eingesammelt und hätten davon gut die Hälfte verloren. Größter Einzelspender war der Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner mit 398.332 Euro. Insgesamt haben damals 20 Spender mehr als 7.500 Euro gezahlt. Hätten sie sich an das neue Limit halten müssen, dann hätte das statt gut 700.000 nur 150.000 Euro gebracht - also 550.000 Euro weniger.

Probleme bereitet hätten die neuen Regeln aber auch der Liste JETZT, denn ein Gutteil des Wahlkampfbudgets stammte bei der 2017 noch Liste Pilz genannten neuen Partei aus einer einzigen Großspende: Der Anwalt und heutige Abgeordnete Alfred Noll schoss 98.000 Euro zu. Auch das wäre nach den neuen Regeln nicht möglich gewesen.

Kickl attackiert den Rechnungshof

Zufrieden mit der nun mit SPÖ und Jetzt gefundenen Lösung für die Parteienfinanzierung hat sich am Montag der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl gezeigt. Die "Anfütterung", die bisher nur für einzelne Abgeordnete verboten sei, werde nun auf die Parteien ausgeweitet, meinte er in einer Pressekonferenz. Dass der Rechnungshof (RH) keine weiteren Einsichtsrechte bekommt, verteidigte er.

Er könne mit der entsprechenden Kritik nichts anfangen, sagte Kickl. Der RH sei kein unabhängiges, sondern ein politisches Organ, ein Hilfsorgan des Parlaments. Und: "Er ist ein Hilfsorgan der ÖVP in der aktuellen Konstellation", spielte er auf die politische Herkunft der aktuellen RH-Präsidentin Margit Kraker an.

"Ich halte dieses Gesetz für hervorragend", meinte Kickl daher. Dass keine Strafverfolgung bei Verstößen gegen die Finanzierungsregeln vorgesehen sei, verteidigte er ebenfalls, denn dies wäre "überzogen". Ohnehin greife hier das Verwaltungsstrafrecht. Auf neu entstehende Umgehungskonstruktionen will Kickl ein Auge haben, nötigenfalls werde man künftig nachbessern müssen.

Kurz kritisiert Gesetz als intransparent

ÖVP-Obmann und Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat das von SPÖ, FPÖ und JETZT vorgelegte Parteiengesetz kritisiert. Das Paket sehe weiter Intransparenz vor, sagte er am Montag am Rande einer Pressekonferenz. Die ÖVP wolle stattdessen weiterhin eine Reduktion der Parteienförderung und stärkere Kontrolle durch den Rechnungshof. Kurz bestätigte, dass der Klub dazu einen eigenen Antrag einbringen wolle.

Die geplante jährliche Spendenobergrenze von 7.500 Euro pro Spender kritisierte wiederum Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Diese sei "nicht verfassungskonform und auch nicht nachvollziehbar", sagte er der "Kleinen Zeitung". Spender sollten nicht in ihrer Verfügungsfreiheit über ihr Eigentum eingeschränkt werden, findet der Nationalratspräsident.

Für ÖVP-Klubchef August Wöginger decken SPÖ und FPÖ "weiter die Vereinskonstruktionen am Rechnungshof vorbei". Es handle sich um eine "rot-blaue Scheinlösung bei der Parteienfinanzierung, die von SPÖ-Chefin (Pamela, Anm.) Rendi-Wagner und FPÖ-Klubobmann Kickl präsentiert werde". Tür und Tor für Vereinskonstruktionen und Umgehungen blieben damit weiter offen.

Grüne sehen "große Löcher"

Die Grünen finden die geplante Beschränkung der Parteispenden zwar "grosso modo positiv", für Bundessprecher Werner Kogler weist der von SPÖ, FPÖ und JETZT präsentierte Vorschlag zur Reform der Parteienfinanzierung aber "einige große Löcher" auf. Er vermisst vor allem Kontrollrechte des Rechnungshofes und strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen. Kritik kommt auch vom Forum Informationsfreiheit (FOI).

Während SPÖ und FPÖ ihre Schlupflöcher noch eine Spur offenhalten wollen, wollen ÖVP und NEOS weiter an Großspenden festhalten, hielt Kogler in einer Aussendung den anderen Parteien vor. "Das Agieren der Parlamentsparteien ist ein Musterbeispiel dafür, dass es ihnen nicht nur um die Sache geht. Es werden Allianzen gesucht, um die jeweils eigenen Pfründe entgegen den Vorschlägen der Experten verteidigen zu können und die Konkurrenz zu schwächen. Mit Rosinenpicken wird das Vertrauen in die Parteien nicht zurückgewonnen werden." Der Grünen-Chef kündigte an, noch im Wahlkampf eine verbindliche Punktation vorzulegen, die von allen Parteien unterschrieben werden kann, um die Lücken zu beseitigen.

SPÖ und FPÖ-Spenden stehen noch aus

Die gesamten Spendeneinnahmen von SPÖ und FPÖ im Wahljahr sind noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass bei der SPÖ zumindest fünf Spenden über den er den künftig erlaubten 7.500 Euro gelegen sind. Darunter eine Erbschaft von 60.368,64 Euro für die Bezirkspartei Gmunden sowie Spenden von Ex-Parteichef Alfred Gusenbauer (20.000) und Ex-Siemens-Vorstand Brigitte Ederer (15.000 Euro). Im Jahr 2016 wäre die Partei mit Spendeneinnahmen von gut einer Million Euro (davon mehr als die Hälfte in Gemeinden) zudem über der künftig geplanten Obergrenze gelegen.

Die FPÖ hat für 2017 noch keine Zahlen veröffentlicht und auch in den vergangenen Jahren nur vereinzelt Großspenden offengelegt. Größte Einzelspenden waren Zuschüsse des blauen Gemeindevertreterverbandes für Gemeinderatswahlen in Niederösterreich. Diese Zahlungen lagen mit 500.000 Euro 2014 und 400.000 Euro 2015 aber deutlich über der künftig erlaubten 7.500 Euro-Grenze.

SPÖ argumentiert mit Dringlichkeit

Die SPÖ hat die Kritik an den geplanten neuen Regeln zur Parteienfinanzierung, wonach es sich um einen unausgegorenen Schnellschuss handle, zurückgewiesen. Angesichts der bevorstehenden Nationalratswahl im September sei es wichtig gewesen, eine schnelle Lösung zu finden, sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz am Montag.

Vizeklubobmann Jörg Leichtfried erklärte, der Sozialdemokratie sei es darum gegangen, auf Dinge zu reagieren, die passiert sind. Die Parteispenden für die ÖVP durch diverse Unternehmer hätten den Anschein erweckt, "dass Regierungspolitik käuflich ist" und die Spendengeber mächtiger sind als das Wahlrecht. "Diesen Anschein von Bestechlichkeit haben wir beseitigt", so Leichtfried.

Liste "Jetzt" sieht Regierung gefordert

Die Liste JETZT verteidigt das am Sonntag von SPÖ, FPÖ und JETZT präsentierte Paket zu Parteispenden. "Es ist ein erster Schritt", sagte Klubobmann Bruno Rossmann bei einer Pressekonferenz am Montag. Er hätte sich aber natürlich gewünscht, dass auch die Einsichtsrechte für den Rechnungshof beschlossen werden. In dieser Frage sieht er nun Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gefordert.

"Es gibt eine Lücke", räumte Rossmann ein. Bei der präsentierten Einigung fehle die Prüfung durch den Rechnungshof, die sogenannte Spendenwäsche als Straftatbestand sowie ein Verbot von Spenden von öffentlichen Unternehmen.