Herbert Kickls Innenministerium ist in der Defensive – oder benimmt sich zumindest so. Am Dienstag hat das Ministerium eine Aussendung gemacht, mit der es – entgegen allen Gepflogenheiten – den SMS- und Mailverkehr seiner Pressesprecher mit Florian Klenk, Chefredakteur des „Falters“, aus den vergangenen Wochen veröffentlicht hat, ohne zuvor seine Zustimmung eingeholt zu haben.

Nicht nur, dass das eine neue Qualität im Umgang mit Journalisten ist – es könnte auch gegen den Datenschutz verstoßen, wie Medienanwältin Maria Windhager argumentiert: E-Mail-Verkehr stelle „personenbezogene Daten“ dar: Nicht nur Mailadressen, sondern auch der Inhalt und „der Umstand, dass er überhaupt geschrieben hat“, seien schützenswerte Daten, deren Veröffentlichung der Verfasser zustimmen müsste.

Windhager rät Klenk zur Beschwerde bei der Datenschutzkommission.
Umgekehrt will das Innenministerium den Presserat anrufen (Anmerkung: Die Kleine Zeitung hat sich dem Presserat unterworfen), um sich darüber zu beschweren, dass Klenk dem Ministerium nicht ausreichend Gelegenheit gegeben habe, seine Position darzulegen.

Goldgruber wollte Informationen über verdeckte Ermittler in Burschenschaften

Hintergrund des Streits ist ein Artikel Klenks im aktuellen „Falter“: In einem kritischen Porträt über Kickl und seine Arbeit im Ressort berichtet er unter anderem, dass Peter Goldgruber, Generalsekretär des Innenministeriums und unter anderem Schlüsselfigur in den Ermittlungen gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, von ebendiesem noch vor der Hausdurchsuchung dort Auskunft über Ermittlungen gegen Burschenschaften begehrte. Burschenschaften, von denen manche rechtsextrem sind und manche enge Verbindungen zur FPÖ aufweisen.

Klenk habe auch „leider“ im Zuge seiner Recherchen nicht versucht, Goldgruber zu kontaktieren, um diesem Gelegenheit zu geben, seine Sicht der Dinge darzulegen.

Goldgruber, so das Ministerium, habe diese Auskunft gebraucht, weil die SPÖ infolge der Liederbuch-Affäre bei der Burschenschaft Germania im Nationalen Sicherheitsrat Informationen zur „rechtsextremistischen Situation in Österreich“ verlangt habe.

"Üben Recht auf Gegendarstellung aus"

Klenk habe Goldgruber aber eben keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Klenk postete daraufhin auf Twitter Teile seiner Anfragen, worauf das Ministerium mit der Veröffentlichung des gesamten Mailverkehrs antwortete.

Eine Sprecherin des Innenministeriums erklärt gegenüber der Kleinen Zeitung, man fühle sich im Recht – § 9 Mediengesetz räume auch Behörden das Recht auf eine Gegendarstellung ein; daher sei die Veröffentlichung nicht von der Zustimmung Klenks abhängig. Ob diese Vorgehensweise ein besonders professioneller Umgang mit kritischen Medien sei? „Die Eigenbeurteilung unserer Arbeit maßen wir uns nicht an“, so die Sprecherin.

Fischer: "Inakzeptables Verhalten"

Der Vorfall kommt just in einer Phase, in der das Innenministerium seiner Medienarbeit wegen in der Kritik steht; erst vergangene Woche musste sich Kickl wegen einer Empfehlung des Ministeriumssprechers im Nationalrat verantworten, kritische Medien schlechter als andere zu behandeln.

Kritik an diesen Zuständen kam gestern unter anderen von Altbundespräsident Heinz Fischer: „Wenn sich eine solche Reihe von inakzeptablen Verhaltensweisen fortsetzt, wird das immer mehr zur Grundsatzfrage werden.“