Eine Sache hat Bildungsminister Heinz Faßmann repariert - wenn auch nicht so, wie von den Reformkräften unter den Lehrerinnen und Lehrern erwartet: Eine Rückkehr zu Schulnoten bei gleichzeitiger Beibehaltung der Anfangsphase, die vorsah, dass die ersten beiden Volksschulklassen im Zuge von maximal drei Jahren absolviert werden könnten, wäre widersinnig gewesen. Noten bedeuten eine abschließende Beurteilung - diese ist derzeit nach zwei Jahren eben noch nicht möglich.

Diese Möglichkeit, die Anfangs-Schulzeit zu verlängern, war als Ersatz für das Vorschuljahr eingeführt worden, als dieses abgeschafft wurde. Nun wird die Eingangsphase wieder abgeschafft. Was mit Kindern passiert, die mit sechs Jahren noch nicht schulreif sind, bleibt im Dunklen.

Es soll jetzt "bundesweit einheitliche Kriterien" geben, nach denen die Schulreife beurteilt und auf Basis derer Förderbedarf festgestellt werden wird. Fördern ist immer gut, aber mit dieser Reform der Reform der Reform wird endgültig die Möglichkeit abgeschafft, Kindern die noch nicht schulreif sind, ein Jahr Aufschub zu gewähren.

Will man damit Eltern entgegenkommen, die, getrieben vom eigenen Ehrgeiz,  Angst haben, dass ihr Kind ein Jahr zu spät in die neu beschworene  "Leistungsgesellschaft" eintritt? Die im September geborene Autorin dieser Zeilen hatte weiland noch die Möglichkeit, erst mit sieben Jahren in die Schule gehen zu dürfen. Es hat ihr nicht geschadet.

Die Reformkräfte unter den Bildungsexperten treten für die verbale Beurteilung ein - nicht nur in der Volksschule sondern weit darüber hinaus. Weil diese eine echte Rückmeldung über den Lernstand, vor allem aber auch darüber, was die Kinder noch nicht können, erlaubt. Erst vor ganz kurzem, und nach vielen, vielen Jahren der Erprobung, war diese verbale Beurteilung ins Gesetz eingeflossen.

Jetzt wird auch diese pädagogische Entwicklung wieder umgedreht. Die Kinder und Jugendlichen bekommen keine aktive, verständliche Rückmeldung über ihren Wissens- und Leistungsstand, sondern die Ziffern beruhen auf "Bewertungsrastern", an denen sich die Lehrerinnen und Lehrer orientieren sollen.  Der Transparenz aus "Kundensicht" ist das eher ab- als zuträglich. Dass es verpflichtende Eltern-SchülerInnen-Gespräche geben soll ist gut, aber das eine schließt das andere nicht aus.

Was ärgert, ist nicht das Detail. Gute Lehrer werden Kinder in jeder Schule weiterbringen, unabhängig von den bürokratischen Regeln, die sich Beamte und Politiker ausdenken. Und gute Lehrer werden ihren Schülern auch brauchbare Rückmeldungen geben.

Was nervt ist aber, dass die Schule das ideologische Schlachtfeld jeder Regierung ist,  dass jeder Bildungsminister nichts Besseres zu tun hat, als im ersten Schritt zunächst einmal die vermeintlichen Schandtaten seines Vorgängers rückgängig zu machen.

Es ist eine Schlacht, die auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird. Und dass sich nicht einmal der aktuelle Bildungsminister, der im Gespräch mit der Kleinen Zeitung einmal von sich gesagt hat, er habe keine ideologische Agenda, davon befreien kann, spricht Bände.

Faßmann hat sich auf seine Fahnen geschrieben, keine neuen Reformen auszurufen, sondern die begonnenen zu einem guten Ende zu bringen. Dass er damit zum Teil buchstäblich deren Ende meint, überrascht.