Die Landesorganisationen und der ÖGB hatten sich schon im Laufe des Freitag hinter die neu zu kürende Parteivorsitzende gestellt, heute wurde Pamela Rendi-Wagner vom SPÖ-Präsidium offiziell als einzige Kandidatin für den Chefsessel aus der Taufe gehoben.
Nach der Sitzung des Präsidiums trat der Noch-SPÖ-Vorsitzende Christian Kern vor die Presse. Pamela Rendi-Wagner sei einstimmig vom Präsidium nominiert worden. Am Dienstag tagt der Parteivorstand, um sie als Kandidatin für den Parteitag Ende November zu beschließen.
"Pamela Rendi-Wagner bringt alles mit, was eine Parteichefin braucht. Und mit ihr wird erstmals in der 130-jährigen Geschichte der Sozialdemokratie eine Frau an der Spitze der Partei stehen", sagte Kern. "Ich glaube, dass sie die Aufgabe mit mehr Chancen wahrnehmen kann als ich."
Parteichef Kern nach dem SPÖ-Parteipräsidium
Rendi-Wagner werde ihr eigenes Team zusammenstellen. Sie sei "ein hervorragender Widerpart zur Bundesregierung, zu Strache und Kurz, sie repräsentiert kraft ihrer Persönlichkeit ein völlig anderes Menschen- und Weltbild." Als Frau werde sie einen anderen Ton in die Politik einbringen.
"Rendi-Wagner soll Kanzlerin werden"
Und auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher stellte im Gespräch mit dem ORF-Mittagsjournal fest: Selbstverständlich sei vorgesehen, dass Rendi-Wagner in vier Jahren die SPÖ als Spitzenkandidatin in die Wahl führe. "Sie soll Kanzlerin in Österreich werden."
Auf die Frage, ob die Quereinsteigerin 24 Stunden am Tag für die Partei da sein werden könne und wolle, antwortete Lercher: "Sie will es, sie kann es, und sie kann noch viel mehr."
Auch der steirische Landesparteivorsitzende Michael Schickhofer betonte gegenüber der Kleinen Zeitung: "Rendi-Wagner ist Vorsitzende ohne Nebenabsprachen. Ich gehe davon aus, dass sie in vier Jahren auch Spitzenkandidaten ist."
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser gratulierte ihr: "Sie wird die SPÖ als das soziale, solidarische Gewissen Österreichs zurück an die Spitze führen."
Die neue Vorsitzende sei - im Gegensatz zur medialen Berichterstattung - "die erste Wahl". Es sei logisch, dass Landeshauptleute in ihren Ländern blieben, so Kern. Und auch die Unterstellung, die SPÖ liege so sehr am Boden, dass deshalb eine Frau ans Ruder müsse, wies der scheidende Chef zurück: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass Gusenbauer oder Faymann oder ich die Partei in einer Sternstunde übernahmen."
Und auch auf den vergangenen Dienstag, als alles aus dem Ruder lief, nahm Kern noch einmal Bezug. "Es ist wegen einer Indiskretion holprig abgelaufen, aber es war meine persönliche Entscheidung, die Aufgabe abzugeben, und ich bitte, das zu respektieren."
"Eine große Ehre"
Die Auserwählte sprach schon vor der Sitzung von einer "großen Ehre". Ob sie personelle Änderungen in der Partei plant, ließ sie offen. Es seien turbulente Tage, die die Partei zuletzt erlebt habe. Umso wichtiger sei es gewesen, rasch und gemeinsam die Frage des Parteivorsitzes zu klären. Rendi-Wagner will erst am Dienstag, nach der Nominierung auch durch den Vorstand, vor die Presse treten.
Nach der endgültigen Absage von Doris Bures war die Wahl auf die ehemalige Gesundheitsministerin als erste Frau an die Spitze der ehrwürdigen sozialdemokratischen Partei gefallen. Rendi-Wagner ist gebürtige Wienerin, 47 Jahre alt, ausgebildete Tropenmedizinerin und erst seit eineinhalb Jahren SPÖ-Mitglied. Sie wird in Kürze die Funktion des Klubchefs von Kern übernehmen, wann genau, steht noch nicht fest.
Unter Beobachtung
Die Partei steht geschlossen hinter ihr, auch weil sie keine andere Alternative hat. Die Messer sind dennoch gewetzt - aus den verhaltenen Unterstützungserklärungen des mächtigen Wiener Landeschefs Michael Ludwig und der Gewerkschaft lässt sich ablesen, dass Rendi-Wagner unter Beobachtung steht.
Wie es Politologe Peter Filzmaier Freitag abend in der ZiB 2 formulierte: Rendi-Wagner sei nach den Absagen von Hans Peter Doskozil, Peter Kaiser und Doris Bures die vierte Wahl. "Sie muss erst Verbündete finden."
Vier Jahre ohne Wendestimmung
Vier Jahre ohne Wendestimmung - eine große Herausforderung für die SPÖ und ihre neue Chefin, so Filzmaier: "Die SPÖ muss Oppositionspolitik betreiben, obwohl sie in manchen Landesregierungen mit am Regierungstisch sitzt." Abnützungseffekte im Angesicht einer offensiven Kampagnemaschinerie der Regierung seien kaum zu vermeiden.
Auffallend zurückhaltend äußerte sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig in der ZiB 2. Ludwig verwies darauf, dass Rendi-Wagner ein Team um sich scharen werde. "Sie hat natürlich das Recht, Vorschläge zu machen, sie trägt aber auch die Verantwortung dafür."
Neue Unterstützung im Klub?
Der geschäftsführende Klubobmann Andreas Schieder bedauerte, dass durch die rasche Entscheidung die Diskussion über diese Personalie sehr kurz verlaufen sei. Spekuliert wird, dass sich Rendi-Wagner einen anderen geschäftsführenden Klubobmann suchen könnte. Dies ginge aber nur, wenn Schieder mitspielt, da er von seiner Fraktion demokratisch legitimiert wurde.
Vorschusslorbeeren für Rendi-Wagner von SPÖ-Präsidium
Parteigeschäftsführer wird vermutlich der Steirer Max Lercher bleiben, dem für das gute Krisenmanagement der vergangenen Tage viel Lob gezollt wurde. Die Entscheidung muss aber von Rendi-Wagner selbst kommen.
Eine Warnung kam von Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl. Sie appellierte an die Partei, sich nicht nur heute hinter die neue Vorsitzende zu stellen, sondern auch in Zukunft geschlossen hinter ihr zu stehen.
Claudia Gigler