Sie sind Sozial- und Gesundheitsministerin. Was möchten Sie für die Menschen tun?

BEATE HARTINGER-KLEIN: Ich möchte zum Beispiel den Mutter-Kind-Pass, der Untersuchungen bis zum 5. Lebensjahr der Kinder vorschreibt, bis zum Alter von 18 Jahren ausdehnen. Die Zahl der dicken Jugendlichen in Österreich ist relativ hoch. Im Zuge der Kontrollen können wir sie motivieren, sich entsprechend zu bewegen und zu ernähren. Und wir gewöhnen die Menschen daran, Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen, die es derzeit erst ab 18 gibt.

>>>Umfrage: Mutter-Kind-Pass bis 18 - eine gute Idee?

Reicht es, vom Arzt gesagt zu kriegen, dass man sich bewegen und vernünftig ernähren soll?

HARTINGER-KLEIN: Nein. Ich werde versuchen, mit der Lebensmittelindustrie und dem Handel Projekte aufzusetzen, die darauf abzielen, dass sich die Menschen gesünder ernähren. Man kann auch Schweinsbraten und Wiener Schnitzel gesünder zubereiten: mit gesundem Öl, Eier vom Biobauern und Kürbispanier.

Müsste man nicht auch wieder neu über eine Kennzeichnungspflicht nachdenken?

HARTINGER-KLEIN: Ja, das wird eines meiner Leitprojekte in Hinblick auf die Ratspräsidentschaft sein.

Ist ein Ampel-System denkbar: Rotes Pickerl für „ungesunde“ Lebensmittel, grünes für gesunde?

HARTINGER-KLEIN: Das muss man sich anschauen. Die jetzigen Kennzeichnungen versteht keiner, und sie sind so winzig geschrieben! Das muss transparenter werden. Es gibt tolle Möglichkeiten, mit QR-Codes am Handy, etc. Da könnte man schon eine Art Ranking machen, was gesünder ist, und was weniger.

Könnten Sie sich auch einen österreichischen Alleingang vorstellen?

HARTINGER-KLEIN: Ich glaube, da würde man Industrie und Handel überfordern. Aber diskutieren werden wir das.

Man könnte ja mit dem Positiven beginnen, alle einladen, „gute“ Produkte zu markieren.

HARTINGER-KLEIN: Eine gute Idee, aber das müssen wir eben noch diskutieren.

Thema Rauchverbot: Warum ist das der FPÖ so wichtig?

HARTINGER-KLEIN: Das müssen Sie den Herrn Vizekanzler fragen.

Ist es Ihnen auch wichtig?

HARTINGER-KLEIN: Als Gesundheitsministerin ist es mir ein Anliegen, dass die Bevölkerung möglichst gesund ist, und das Rauchen ist nicht gesund…

Haben Sie die Petition der Krebshilfe unterschrieben?

HARTINGER-KLEIN: Nein.

Sollte es im Parlament diskutiert werden: Bringen Sie sich ein?

HARTINGER-KLEIN: Was die Mehrheit beschließt, habe ich zu akzeptieren.
Gehen Sie davon aus, dass die EU ein Rauchverbot erzwingt?
Das ist ein langer Prozess. Mir ist wichtig, dass wir die Jugend schützen. Daher verstärken wir 2018 den Jugendschutz, auch die Suchtprävention. Da werden wir uns Programme gemeinsam mit dem Bildungsminister einfallen lassen, Initiativen in den Schulen starten. Das ist wie bei der Mülltrennung: Die Kinder erziehen die Erwachsenen.

Kommen wir zu den Sozialversicherungsträgern. Die Kassen der Bauern und der Gewerbetreibenden sollen 2018 zusammengelegt werden. Bisher ist es an der Frage des Einflusses gescheitert. Wie lösen Sie das?

HARTINGER-KLEIN: Die Zahl der Versicherten soll über die Besetzung der Posten entscheiden.

Stehen Sie da auch sonst noch vor Herausforderungen?

HARTINGER-KLEIN: Natürlich. Wir haben das Problem, dass die Selbstbehalte, die Verträge mit den Ärzten unterschiedlich sind.

Die Ärztetarife sollen offenbar unterschiedlich bleiben. Wieso?

HARTINGER-KLEIN: Das kann ich nicht von heute auf morgen ändern ich kann ja nicht alles nach oben heben, das würde enorm viel kosten. Wichtig ist mir zunächst einmal, dass die Leistungen für alle gleich sind. Da sind erst erste Schritte passiert.

Wie geht es weiter mit den Gebietskrankenkassen?

HARTINGER-KLEIN: Die Landesstellen sollen bleiben. Sie sollen mit den Landesärztekammern zusammen entscheiden, in welcher Region welche Arztstellen zu besetzen sind. Es muss auch Anreize für die Ärzte geben, denn der Ärztemangel wird eine unserer größten Herausforderungen sein. In den nächsten zehn Jahren geht mehr als die Hälfte der Ärzte in Pension.

Was verändert sich in der Selbstverwaltung?

HARTINGER-KLEIN: Es wird nur noch ein einziges, zentrales Selbstverwaltungsgremium geben, und einen Direktor pro Landesstelle. Derzeit braucht man 57 Beschlüsse für eine einzige Veränderung.

Und wer sitzt im zentralen Selbstverwaltungsgremium?

HARTINGER-KLEIN: Arbeitnehmer und Arbeitgebervertreter, aber auch mehr Vertreter als bisher vom Bund.

Aber keine Mehrheit, oder?

HARTINGER-KLEIN: Nein! Ein staatliches Gesundheitswesen wollen wir nicht!

Die AUVA soll selbst einen Reformvorschlag präsentieren. Sind Sie für eine Auflösung?

HARTINGER-KLEIN: Ich will zunächst Druck darauf machen, dass sie sich reformieren. Die Geldleistungen könnten zur Pensionsversicherung und die Sachleistungen zu den Krankenversicherungen wandern. Aber jetzt reden wir einmal über Konzepte.

Zur Abschaffung der Notstandshilfe: Da gibt es viele Ängste. Wo geht es jetzt hin?

HARTINGER-KLEIN: Hartz IV kommt nicht, so hat es mir der Kanzler versprochen.

Aber was kommt dann stattdessen?

HARTINGER-KLEIN: Die Frage ist, welches Netz wir in Österreich stattdessen knüpfen. Ob man das aus der Arbeitslosenversicherung heraus macht oder einen eigenen Topf ins Leben ruft, der wie die Mindestsicherung aus Steuern finanziert wird. Ich wünsche mir eine einheitliche Lösung für eine Grundsicherung im Wege einer 15a-Vereinbarung mit den Ländern. Der Regierung ist wichtig, dass sich alle Seiten darum bemühen, dass Betroffene Arbeit finden.

Beate Hartinger-Klein persönlich:

Die Ministerin im persönlichen Gespräch vor unserem Interview zu Rauchverbot & Co: