Bundespräsident Heinz Fischer warnt seine möglichen Nachfolger Angesichts von Diskussionen über die Auflösung des Nationalrats und die Entlassung der Regierung vor "Allmachtsfantasien". "Ein Bundespräsident, der anerkannt werden will, der wird nicht leichtfertig mit einzelnen Verfassungsartikeln herumwacheln und die Auflösung des Nationalrats androhen", warnte Fischer Samstag im Ö1-Mittagsjournal.

Laut über die Auflösung des Nationalrats nachgedacht (und zwar für den Fall einer absoluten Mehrheit der FPÖ) hatte im Februar der Grüne Exparteichef Alexander Van der Bellen, der das aber als "sehr hypothetischen Fall" bezeichnete. FP-Kandidat Norbert Hofer hatte zuletzt gemeint, er hätte als Bundespräsident bereits im Vorjahr die Regierung entlassen. Auch die Unabhängige Irmgard Griss hatte immer wieder auf die Möglichkeit verwiesen, die Regierung zu entlassen - etwa bei mangelndem Reformeifer.

"Unruhestifter"

"Den Nationalrat auflösen, über Vorschlag der Regierung, ist keine Kunst, aber wenn der Nationalrat wieder gewählt ist, was ist dann", gibt Fischer zu bedenken. So könne ein vom Bundespräsidenten aufgelöster Nationalrat nach der Wahl wieder ähnlich zusammengesetzt sein: "Der steht sehr schlecht da, so ein Bundespräsident." Der Präsident dürfe kein "Unruhestifter" sein, sondern müsse sich um Beruhigung bemühen, betonte Fischer.

Sein eigenes Drängen auf eine Große Koalition verteidigte Fischer mit dem Hinweis, dass er den Vorsitzenden der stärksten Partei mit der Regierungsbildung betraut und dieser sich mit der zweitstärksten Partei geeinigt habe: Eine Regierungsbildung sei eben "keine Spielwiese für Experimente".

Nach dem Ende seiner Amtszeit will Fischer u.a. Vorlesungen an er Universität Innsbruck halten. Im Übrigen werde er sich "in Würde aus dem Amt verabschieden" und seinem Nachfolger alles Gute wünschen.

Am 8. Juli, nach 12 Jahren Amtszeit, gibt Fischer das Amt des Bundespräsidenten ab.

Zweifel an Türkei-Pakt

Fischer hat indes seine Zweifel am Flüchtlingsabkommen der EU bekräftigt. "Ob das erfolgreich ist: Ich bin skeptisch".

"In der Türkei ereignen sich momentan mehrere Dinge, die mir nicht gefallen", sagte er in Anspielung auf die Menschenrechtsverletzungen in dem Land. Die Lage in der Türkei sei "sehr schwierig".

"Je schwieriger die Situation in der Türkei allenfalls wird, umso schwieriger wird es sein, ein solches Abkommen als erfolgreichen Bestandteil einer Flüchtlingspolitik zu betrachten", sagte Fischer. Menschenrechtsgruppen werfen der Türkei vor, auf syrische Flüchtlinge zu schießen, um sie vom Grenzübertritt abzuhalten.

"Wenn sich das fortsetzt, wird man in den Gremien der Europäischen Union sicher neuerlich die Situation ernsthaft diskutieren müssen", betonte Fischer. Von einer Aufkündigung des Abkommens mit der Türkei wollte er ohne Absprache mit der Regierung nicht sprechen. Das wäre eine "voreilige politische Ankündigung".

Vorgehen der Regierung verteidigt

Das Vorgehen der Regierung - inklusive des nun angekündigten restriktiven Zugangs zum Asylverfahren in Österreich - verteidigte Fischer. Denn im ersten Quartal 2016 seien 12.000 Asylanträge gestellt worden. "Dass die Grenzen luftdicht abgeschlossen worden sind, stimmt nicht", so der Bundespräsident. Er rechnet damit, dass "bei fortgesetzter Tendenz" der "Richtwert" von heuer 37.500 Asylwerbern eher unter- als überschritten werden.

Fischer bekräftigte auch seinen Dialogkurs mit dem umstrittenen iranischen Regime. Den Kritikern des Besuchs des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani warf er vor, sich "ungewollt, aber doch auf die Seite der Konservativsten im Iran" gestellt zu haben, "die ebenfalls mit dem Besuch keine Freude haben". Er bedauere die Absage des Besuchs. Rouhani sei "deutlich erkennbar jemand, der nicht die gleiche Sprache spricht wie bestimmte Hardliner im Iran". Er sei jemand, der "dem Frieden und dem Verhandeln den Vorzug gibt gegenüber Raketen. Das alles zu übersehen wäre ein schwerer politischer Fehler."