OGM-Chef Wolfgang Bachmayer geht davon aus, dass - in der Reihenfolge des Stimmzettels - Irmgard Griss, Norbert Hofer (FPÖ), Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Andreas Khol (ÖVP) und Alexander Van der Bellen (Grüne) recht eng beieinander liegen werden: "Der Letzte wird vielleicht zwei bis drei Prozentpunkte hinten liegen und die ersten vier wie bei einem Staffellauf durchs Ziel gehen."

"Beste Chancen" auf die Stichwahl habe Van der Bellen - Khol die geringsten, aber "warten wir ab", verweist er auf die Terroranschläge in Brüssel. Sie würden die Stimmungslage verstärken, das könnte für Van der Bellen mit seiner positiv-offenen Haltung zu Flüchtlingen auch einen "gewissen Trend nach unten" bedeuten.

In den Umfrage-Rohdaten liegen die genannten Fünf in einem Band von drei bis vier Prozentpunkten, "da kann man in Wirklichkeit nichts sagen", sieht Peter Hajek (public opinion strategies) die Sache "too close to call". Interessant sei, dass es bisher wenig Bewegung gab - aber nur 50 Prozent der Befragten sicher wüssten, wen sie wählen. Der Intensivwahlkampf samt TV-Duellen sei heuer also besonders wichtig. Zumal es diesmal, anders als früher, ein "echter Themenwahlkampf" - über Flüchtlinge, TTIP, Angelobung einer FPÖ-Regierung etc.- sei.

Jetzt kommen die "entscheidenden Wochen", umschreibt es Politik-Berater Thomas Hofer. Auch er sieht Van der Bellen nicht ganz fix in der Stichwahl, aber es wäre doch "eine Überraschung, wenn er es nicht schafft". Zumal der Grün-Kandidat wie kaum ein anderer "parteiübergreifend strahlt", gute Sympathiewerte habe und ins "Jobprofil" passe und sein Wahlkampf - der mit dem "Heimat"-Thema über die Stammwähler hinaus greift - sehr professionell sei.

"Keine schlechten Chancen" sieht Hofer für Griss: Sie unterstreiche gut ihr großes Asset der Unabhängigkeit, mit der Positionierung "sogar als Anti-Politikerin" könne sie sich auch Stimmen aus dem blauen Reservoir holen: "Gegen Parteipolitik im alten Stil aufzutreten ist eines der stärksten Argumente, das man zur Zeit bringen kann", ist für Hofer die Juristin immer noch gut im Rennen.

Angesichts des FPÖ-Potenzials - mehr als 30 Prozent in den Umfragen - "sehr sehr groß" wären eigentlich die Chancen des blauen Kandidaten Hofer. Aber er stehe vor zwei Herausforderungen: Erstens die FPÖ-Wähler zu mobilisieren, was genauso schwierig sei wie bei EU-Wahlen, und zweitens zu "emotionalisieren" - also die aktuelle Stimmungslage (geprägt vom Flüchtlingsthema) auszunützen. Das aber passe nicht zu seinem eher ausgleichenden Naturell, sieht der Politikberater Hofer vor einem "Spagat".

Noch viel schwieriger stelle sich die Lage aber für Hundstorfer und Khol dar. Sie hätten den "Mühlstein" der Regierungs-Zugehörigkeit um den Hals. Denn anders als früher garantiere diese nicht mehr die Favoritenrolle, sondern sei ein klarer "Startnachteil". Es bestehe "Gefahr, dass zumindest einer, wenn nicht beide nicht in die Stichwahl kommen".

Um den "Startmalus" auszugleichen, müsste Khol "das Rennen dorthin bekommen, dass politische Erfahrung und Kompetenz zählt" - wo es derzeit nicht sei. "Schwierig" sei für ihn auch, dass sowohl Griss als auch Van der Bellen deutlich in ÖVP-Wählerschichten hineinwirkten. Für Hundstorfer ist Van der Bellen der Hauptkonkurrent. Kommt er mit diesem in die Stichwahl, "wäre Hundstorfer nicht zu unterschätzen, weil er könnte auch mit FPÖ-Stimmen rechnen". Sein Kurs des Ausgleichs - "Mister Kompromiss" - könnte in einer polarisierten Gesellschaft gut funktionieren. Aber auch Van der Bellen fahre diesen - und es sei die Frage, ob es bei Hundstorfer reicht, um den Startnachteil des bisherigen Ministeramts auszugleichen.

Dem sechsten Kandidaten, Richard Lugner, messen alle drei Experten keine große Rolle bei. Allenfalls könnte er indirekt mitmischen - wenn zwischen Platz 2 und 3 nur Zehntelprozentpunkte entscheiden. Aber sehr viel schaden werde er den anderen nicht - werde er doch deutlich unter den 1998 geschafften 9,9 Prozent bleiben. Seine Stimmen dürfte er vor allem von Nichtwählern sowie aus der FPÖ- und SPÖ-Klientele holen, meint Bachmayer.