Die SPÖ geht mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer in die Bundespräsidenten-Wahl. Das Parteipräsidium hat den entsprechenden Vorschlag von Parteichef Werner Faymann einstimmig angenommen. Anschließend gab es Standing Ovations für den 64-jährigen Bewerber der Sozialdemokraten für die Hofburg-Wahl. Hundstorfer zeigte sich Freitagnachmittag erfreut über die "hohe Verantwortung" und die "große Herausforderung".

Einigkeit auch bei Regierungsumbildung

Ebenfalls im Präsidium einstimmig angenommen wurde die durch Hundstorfers Kandidatur notwendig werdende Regierungsumbildung.

Das Sozialministerium übernimmt wie berichtet Infrastrukturminister Alois Stöger. Dessen bisheriges Ressort wird auf seinen unmittelbaren Nachfolger, Noch-Verteidigungsminister Gerald Klug und Staatssekretärin Sonja Steßl aufgeteilt, in deren Kompetenz die Digitalagenden fallen. Neuer Ressortchef für Sport und Verteidigung wird der bisherige burgenländische Polizeichef Hans Peter Doskozil.

Rudolf Hundstorfer selbst hielt sich vor der Sitzung noch zurück und bat um etwas Geduld. Gleichzeitig machte er aber schon klar, dass die Kandidatur eine "ordentliche Herausforderung" und eine "ordentliche Bürde" sei.

"Rudolf Hundstorfer ist jemand, dem man vertrauen kann", bewarb Parteichef Werner Faymann den Präsidentschaftsanwärter, freilich ohne vor der Sitzung offiziell dessen Kandidatur zu bestätigen. Dass sich am Plan nichts mehr ändern wird machte aber auch Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmied klar: "Es gibt Situationen im Leben, in denen der Grad der Überraschung gering ist."

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl, der schon seit Monaten eine Kandidatur Hundstorfers favorisiert hatte, zeigte sich zufrieden, dass sein Wunsch nun in Erfüllung geht. Die burgenländische SPÖ werde den Sozialminister voll und ganz unterstützen.

Dass der burgenländische Polizeichef Hans Peter Doskozil neuer Verteidigungsminister wird, findet Niessl nachvollziehbar. Schließlich habe sich dieser bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms in Nickelsdorf sehr beeindruckend geschlagen. Und dass Doskozil polit-tauglich sei, haber er immer schon gesagt.

"Es ist natürlich eine spannende Aufgabe für einen Sozialdemokraten, die Themen Arbeit und Soziales zu behandeln", bestätigte wiederum Noch-Infrastrukturminister Alois Stöger indirekt seinen neuen Posten. "Jetzt machen's Ihnen keinen Stress - bitte um Geduld", bat er die Journalisten aber.

Staatssekretärin Sonja Steßl bestätigte, dass sie wie erwartet die Digitalagenden (aus dem Infrastrukturressort) neu dazu bekommt - gemeinsam mit dem Öffentlichen Dienst und der Verwaltung habe man damit dann die "Zukunftsagenden" im Zentrum, nämlich dem Kanzleramt. Das sei ein "gutes Zeichen" auch für die Community.

Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hält Hundstorfer "für einen ausgezeichneten Bundespräsidenten". Angesichts der jüngsten Töne zur Flüchtlingskrise aus der ÖVP rechnet er aber mit einem "eher bitteren Wahlkampf". Wenn man ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und Klubchef Reinhold Lopatka so zuhöre, "könnte man den Eindruck gewinnen, da sind Pressesprecher der FPÖ am Werk". Auch die restlichen Rochaden gehen für ihn "in Ordnung".

ÖGB-Präsident Erich Foglar machte kein Hehl daraus, dass die Gewerkschafter in der SPÖ seinen Vorgänger bei der Hofburg-Kampagne voll unterstützen werden. Dass sich Hundstorfer in der Flüchtlingspolitik gegen VP-Kandidat Andreas Khol schwer tun könnte, glaubt Foglar nicht. Es sei bekannt, dass Hundstorfer wie die SPÖ für die Einhaltung der Menschenrechte stehe und Asyl sei ein Menschenrecht.

Für Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr ist Hundstorfer der ideale Kandidat, sei er doch ein Politprofi, der in der Gegenwart lebe. Nicht ausschließen konnte Mayr, dass in seinem Heimatbundesland der ein oder andere als Lokalpatriot lieber Khol oder Alexander Van der Bellen als Präsident haben könne. Andererseits seien die beiden nach ihrem schon länger zurückliegenden Abschied aus der Spitzenpolitik nicht mehr up-to-date.

Man werde keinen besseren Kandidaten als Hundstorfer finden, zeigte sich auch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser überzeugt. Sie war ebenfalls als Sozialministerin im Gespräch, ist aber offensichtlich glücklich, wo sie ist: "Mein Herz hängt an der Gesundheitspolitik."

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser ist sich sicher, dass man mit Hundstorfer Erfolg haben wird: "Wenn die SPÖ antritt, dann möchte sie gewinnen."

Die meisten Lacher auf seiner Seite hatte vor dem Präsidium Pensionistenchef Karl Blecha. Dieser meinte, er werde jetzt einmal den überparteilichen Seniorenrat interimistisch alleine leiten: "Und dann hoffe ich, dass der Andreas Khol wieder zurückkehrt."

Hintergrund

Es wäre überraschend gewesen, hätte sich Rudolf Hundstorfer dem Ruf der SPÖ verwehrt, trotz mäßiger Umfragewerte in die Hofburg-Wahl zu ziehen. Nach dem Vorsitz im Wiener Handballverband, im Gemeinderat und im ÖGB soll es diesmal für den 64-jährigen Wiener gleich das höchste Amt im Staat werden.

Wenn man so will, ist Hundstorfer ein Krisengewinnler. War es das ÖGB/BAWAG-Desaster, das ihn einst unvermutet an die Spitze des Gewerkschaftsbunds spülte, folgte kurz darauf die Wirtschaftskrise, in der Österreichs damals noch günstige Lage am Arbeitsmarkt den nunmehrigen Sozialminister zum Vorzeige-Ressortchef der roten Regierungsriege machte und ihn in weiterer Folge zum aussichtsreichen Anwärter für so ziemlich jeden wichtigeren Job im Lande aufsteigen ließ.

Späte Karriere

Die große Karriere Hundstorfers kam freilich spät. Denn über Jahrzehnte fristete er ein unauffälliges, wenngleich sehr erfolgreiches Dasein im Wiener Rathaus. Dort wo er als Kanzleiarbeiter begann, stieg er die Karriereleiter hinauf bis an die Spitze der Belegschaftsvertretung, wo er dafür sorgte, dass gegen seinen Willen kaum eine Reform im Magistrat durchzuführen war. Die Rathaus-Mitarbeiter danken es ihm angesichts günstiger Regelungen etwa im Pensionsrecht bis heute.

Schon ein wenig vergessen ist, dass der vormalige ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, dem er später an der Spitze der Gemeindebediensteten-Gewerkschaft folgte, einer seiner Mentoren war. Auch der zweite BAWAG-"Sünder" der Gewerkschaft, Präsident Fritz Verzentitsch, hielt auf Hundstorfer recht große Stücke und machte ihn zu seinem Nachfolger. Damals hätte er wohl noch nicht geahnt, dass ihn der wenig später gleich ganz aus dem ÖGB entlassen würde.

Überhaupt hatte Hundstorfer als Krisenmanager im Präsidenten-Amt wohl die Rolle seines bisherigen Lebens gefunden. Der stetige Leidensblick des sonst eher fröhlichen Präsidenten, der Hiobsbotschaft um Hiobsbotschaft zu verkünden hatte, wurde zur Miene der BAWAG-Krise. Hundstorfer hielt dabei das schlingernde Boot, unterstützt vor allem von seinem späteren Nachfolger Erich Foglar, über Wasser und der ÖGB fuhr wieder in ruhigere Gewässer.

Ruf des Machers

Spätestens jetzt hatte er den Ruf des Machers und da war das an sich eher glanzlose Präsidentenamt im ÖGB nicht mehr genug. Als Werner Faymann rief, sagte Hundstorfer kurz entschlossen ja und übernahm Sozial- und Arbeitsministerium. Diesen Posten hält er nun auch schon seit 2008 und seine Ressortführung zeichnet sich in erster Linie durch Pragmatismus aus. Hundstorfer macht das, was er in den eigenen Reihen durchbekommt.

Folgerichtig haftet ihm nicht unbedingt der Ruf des Reformers an, doch hat er immerhin unter anderem eine vorübergehende Sicherung der Pflegefinanzierung und eine gar nicht so kleine Pensionsreform auf der Haben-Seite. Sein anfängliches Atout, die Stabilität des österreichischen Arbeitsmarkts in der Krise, ist freilich verloren gegangen. Monat für Monat hat der Sozialminister steigende Arbeitslosen-Zahlen zu vermelden.

Darum muss sich Hundstorfer nunmehr ebenso wenig kümmern wie um die Wünsche der ÖVP nach einer neuerlichen Pensionsreform oder einer Neuaufstellung der Mindestsicherung. Ab jetzt ist wahlkämpfen angesagt - und das ist eine Rolle, die Hundstorfer gar nicht so schlecht liegen sollte. Denn wenn er etwas unbestritten ist, dann leutselig. Hundstorfer liebt das Bad im Publikum, umso mehr, wenn es auch ihn liebt. Denn wenn ihm etwas oder jemand nicht passt, kann er auch ziemlich grantig werden.

Diese Eigenart sollte er in den kommenden Wochen wohl ein bisschen zur Seite legen, will er auch außerhalb der Ost-Region die Wählerherzen gewinnen. Ohnehin hat er schon das Handicap zu tragen, Mitglied einer alles andere als beliebten Regierung zu sein und seine offen zur Schau getragene Ablehnung der FPÖ wird ihn für freiheitliche Wähler nur bedingt attraktiv machen.

Wie Hundstorfer das Amt anlegen würde, kann man sich ganz gut vorstellen, mehr repräsentierend als politisierend, garniert mit einer guten Portion Volksnähe. Eine geeignete First Lady hätte der Vater einer Tochter (aus einer früheren Beziehung) jedenfalls an seiner Seite. Seiner Frau wird nachgesagt, die Hofburg-Ambitionen ihres Mannes mit einigem Wohlwollen zu unterstützen.