Die Bioethikkommission hat ihre Empfehlungen zum Thema Sterbehilfe abgegeben. Die Mehrheit der Mitglieder regt eine Reform jenes Paragrafen im Strafgesetzbuch (StGB) an, der die Mitwirkung am Selbstmord verbietet. Individuelle Hilfe in Ausnahmefällen solle möglich sein. Auch "unverhältnismäßige medizinische Interventionen" sollten vermieden werden, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.

Die Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes hat sich parallel mit der bereits abgeschlossenen parlamentarischen Enquete mit dem Thema Sterbehilfe beschäftigt. Besonders in einem Punkt ist man sich jetzt schon einig: "Wir sehen einen absolut dringenden Bedarf für die Stärkung der Palliativmedizin und der Hospizdienste", zitierte Kommissions-Vorsitzende Christiane Druml aus dem Abschlussbericht.

Was ist "angemessen"?

Ein heißeres Eisen ist der Paragraf 78 im StGB zum assistierten Suizid. Dieser sollte "überdacht werden" meinen zumindest 16 der 25 Mitglieder. Es erscheint laut Bericht "angebracht, für Angehörige und persönlich nahe stehende Personen eine Straflosigkeit vorzusehen, wenn sie einer an einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leidenden Person beim Suizid Hilfe leisten, sofern die Beweggründe der Hilfe auch für einen mit den rechtlich geschützten verbundenen Werten verbundenen Menschen verständlich ist".

Acht Mitglieder sehen eine solche mögliche Regelung in Ausnahmefällen allerdings problematisch und empfehlen keine Änderung im Strafrecht. "Die Frage ist, wie man angemessen damit umgeht", gab Mitglied Walter Schaupp zu bedenken. Assistierter Suizid sollte nicht zum Normalfall werden, findet der Theologe. Eine verfassungsrechtliche Verankerung des Sterbehilfeverbots, wie sie Teile der ÖVP fordern, empfiehlt die Bioethikkommission wenig überraschend nicht, wie deren Vorsitzende Druml berichtete. Auch für die "veraltete und nicht mehr ausreichend klare Terminologie" der "aktiven und passiven Sterbehilfe" empfiehlt die Kommission eine Aktualisierung.

Die ÖVP schäumt

Die ÖVP schäumt angesichts der Empfehlungen der Bioethikkommission zum Thema Sterbehilfe. Gesundheitssprecher Erwin Rasinger sieht in der empfohlenen Lockerung im Strafrecht einen "Irrweg" und warnt vor einem ethischen Dammbruch". Im Gespräch mit der APA stellte er einen Vergleich mit der NS-Zeit an: "Gerade Österreich mit seiner Euthanasie-Vergangenheit sollte da doppelt vorsichtig sein."

Rasinger sieht im Abschlussbericht der Kommission eine Kopie des niederländischen Modells, man gehe sogar noch weiter. Dass es Ausnahmefälle für nahestehende Personen geben soll, hält er für nicht zielführend, auch Angehörige hätten nicht immer ethische Motive. "Wenn man einmal die Tür aufmacht, selbst in bester Absicht, kriegt man sie nie wieder zu", befürchtet der ÖVP-Gesundheitssprecher. Auch der Druck auf ältere Menschen könnte mit den empfohlenen Änderungen steigen.

Die mehrheitliche Empfehlung der im Bundeskanzler angesiedelten Bioethikkommission ist für Rasinger der Beweis, dass es ein in der Verfassung festgeschriebenes Verbot der Sterbehilfe in Österreich braucht. Ein solches brauche lediglich Appellcharakter, wie es bei anderen Themen bereits der fall sei.

Auch die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) lehnt die von der Bioethikkommission empfohlene Lockerung des Verbotes des assistierten Selbstmords ab. Leben zu beenden widerspreche dem ärztlichen Berufsethos und dürfe nicht Bestandteil ärztlichen Handelns sein, verwies Präsident Artur Wechselberger am Donnerstag in einer Aussendung auf eine entsprechende Resolution der Ärzte.

Vielmehr sei es die Pflicht jedes Arztes, so Wechselberger weiter, Leben zu erhalten und Sterbende palliativmedizinisch zu begleiten. Dazu sei ein umfassender Ausbau der Palliativmedizin in Österreich dringend erforderlich.