Die gerade erst sanierten Krankenkassen werden voraussichtlich wieder ins Minus rutschen. Der Vorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Peter McDonald, erwartet für 2015 und 2016 rote Zahlen. "Über den Konjunkturzyklus" rechne er aber mit ausgeglichenen Finanzen, sagte McDonald im APA-Interview. 2015 will er zum "Jahr der Kinder- und Jugendgesundheit" machen.

2014 gab's ein Plus

Für 2014 erwarten die Krankenkassen nach letzter Prognose noch ein Plus von 59 Millionen Euro. Ab der Jahresmitte seien aber wirtschaftlich "düstere Wolken" aufgezogen. In der zweiten Jahreshälfte seien die Medikamentenkosten wieder um 8 Prozent gestiegen, vor allem aber führe das geringe Wirtschaftswachstum und die steigende Arbeitslosigkeit zu "geringeren Erwartungen" bei den Beitragseinnahmen. Deshalb befürchtet McDonald für 2015 und 2016 wieder rote Zahlen. Er könne aber "über den Konjunkturzyklus" ausgeglichene Finanzen "nach wie vor gewährleisten", sagte der seit gut zwei Monaten im Amt befindliche Hauptverbands-Chef.

Hoffnung setzt McDonald in die von der Regierung angekündigte Steuerreform. Wenn diese einen Impuls für die Beschäftigung und den Standort bringe, würde das auch Mehreinnahmen für die Kassen bedeuten. Bis Ende 2016 ist mit den Kassen auch noch ein "Ausgabendämpfungspfad" vereinbart. Die Verhandlungen mit den Ländern über neue Ziele sollen dann ab der zweiten Jahreshälfte 2015 parallel mit jenen über den neuen Finanzausgleich, der ebenfalls Ende 2016 ausläuft, geführt werden.

Ärzte-Arbeitsgesetz "ohne Auswirkungen"

Kein finanziellen Problem für die Kassen sieht der Hauptverbands-Chef durch das neue Ärzte-Arbeitszeitgesetz, das die Länder den Spitalärzten zum Teil mit höheren Grundgehältern abgelten. Da die Sozialversicherung ein Drittel ihrer Beitragseinnahmen der Spitalsfinanzierung zur Verfügung stellt, hätten die den Ländern entstehenden Mehrkosten keine Auswirkungen auf die Kassen. Und obwohl die Spitalsärzte künftig nicht mehr bis zu 72, sondern nur noch maximal 48 Stunden pro Woche arbeiten, und in Ländern wie Kärnten und Oberösterreich noch keine Einigung erzielt wurde, geht McDonald davon aus, dass die Ärzte "verantwortungsvoll agieren" und die notwendige medizinische Versorgung garantieren. Da die Verhandlungen aber noch im Laufen sind, will er den Ärzten "nichts ausrichten".

Wichtig ist dem Hauptverband-Chef die Gesundheitsvorsorge. Deshalb hält der das von ihm bei der Gewerblichen Sozialversicherungsanstalt (SVA) eingeführte Bonus-System, mit dem Versicherte ihren Selbstbehalt bei Erreichen von Gesundheitszielen halbieren können, nach wie vor für ein "gutes Modell". Er strebt an, dass alle Träger einen stärkeren Fokus auf die Vorsorge legen, will das SVA-Modell aber den anderen nicht "überstülpen". Auch andere Träger hätten schon Modelle zur Gesundheitsvorsorge, deshalb sollten die Träger von den besten Beispielen lernen.

Einem Dialog über eine Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern will sich McDonald zwar "nicht verweigern", er hält aber eine solche "Diskussion über Türschilder" für zweitrangig, weil sie "den Blick auf das Wesentliche verstellt". Es gehe jetzt nämlich vorrangig um die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems, die mit der beschlossenen Reform schon eingleitet ist. Wenn sich einzelne Träger zusammenschließen wollen, "spricht nichts dagegen".

Doppelgleisigkeiten abbauen

Große Erwartungen setzt McDonald in die beschlossene Gesundheitsreform, die nun umgesetzt werden muss. Obwohl die Österreicher mit ihrem Gesundheitswesen jetzt schon "in einer beneidenswerten Situation" seien, könne das System mit Reformen "fit für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts" gemacht werden, meinte McDonald im APA-Interview.

Mit der beschlossenen Reform hätten Bund, Länder und Sozialversicherung die Grundlage geschaffen, damit "die Rädchen stärker ineinandergreifen". Im nächsten Schritt müssten nun in der Umsetzung alle an einem Strang ziehen, um Doppelgleisigkeiten zu beseitigen und Steuer- sowie Beitragsgelder effizienter einzusetzen, meinte der Sozialversicherungs-Chef.

Für die neue Primärversorgung, mit der Ärzte untereinander sowie mit anderen Gesundheitsberufen besser vernetzt zusammenarbeiten und damit die Spitäler entlasten sollen, sollen bis 2016 in allen Bundesländern Pilotprojekte starten. In Wien soll es zumindest zwei schon im Frühjahr geben. Die Verträge, in denen auch die Finanzierung geregelt wird, werden noch ausverhandelt. Klar ist für McDonald aber schon, dass sich Bund, Länder und Sozialversicherung nicht so wie bisher gegenseitig die Kosten zuschieben, sondern gemeinsam agieren.

Keinen Änderungsbedarf sieht McDonald für die Gruppenpraxen, für die sich die Mediziner wünschen, dass Ärzte andere Ärzte anstellen dürfen. Derzeit gibt es 222 Gruppenpraxen mit 501 beteiligten Ärzten.

"Jahr der Kinder- und Jugendgesundheit"

2015 will der Chef der Sozialversicherungen zum "Jahr der Kinder- und Jugendgesundheit" machen. Schon bei Kindern will er mit der Gesundheitsförderung beginnen. Anfang des neuen Jahres will er dazu ein Gespräch mit Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) führen und verweist auf bestehende Pilotversuche für einen Gesundheitscheck oder ein Gesundheitscoaching für Kinder. Bis Ende des Jahres sollen auch 300 zusätzliche Betten für Kinder-Rehabilitation in Österreich ermöglicht werden. Die Finanzierung dafür ist schon gesichert. Und schließlich verweist McDonald auch auf die ab Mitte 2015 beschlossene frühkindliche Erstberatung beim Zahnarzt sowie die Gratis-Zahnspange für Kinder und Jugendliche mit schweren Fehlstellungen.

Bei der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) geht der Hauptverbands-Chef davon aus, dass die Ärzte bald ihren Widerstand aufgeben werden. Er verweist darauf, dass die Ärzte auch gegen die heute allseits geschätzte E-Card anfangs großen Widerstand geleistet haben und prophezeit: "Ein Jahr nach der Einführung von ELGA wird es keine Aufregung mehr geben."