Derzeit sieht es nach einem Kampf um Platz zwei aus. Doch Karl Nehammer hat bei seiner Rede vergangene Woche ein Kanzler-Duell gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl ausgerufen. Und das, obwohl Umfragen die Volkspartei derzeit auf dem dritten Platz verorten, hinter den Freiheitlichen und der SPÖ von Andreas Babler.

Dieser zeigt sich unbeeindruckt, vom „Österreich-Plan“ des Kanzlers ebenso wie von einem vermeintlich türkis-blauen Zweikampf um das Kanzleramt. Nehammers Rede sei eine Anbiederung, gar ein „Heiratsantrag“ an die FPÖ gewesen, bemängelte Andreas Babler im Ö1-Interview. Der Kurs der ÖVP sei rückwärtsgewandt, unter Babler erwarte die Republik dagegen eine „Reformkanzlerschaft“.

Fokus auf „Millionärssteuern“

Tatsächlich gibt es zwischen ÖVP und FPÖ inhaltlich Überschneidungen, die Forderungen der Sozialdemokratie sind dazu teils konträr. Seit Babler die Partei im Juni übernommen hat, haben sich die Genossen vor allem dem Thema Umverteilung verschrieben. Millionärssteuern müssen her, sei es auf Erbschaften oder bestehende Vermögen. Im Gegenzug dazu könne man den Faktor Arbeit steuerlich entlasten und etwa Kinderarmut bekämpfen. ÖVP und FPÖ erteilen neuen Steuern eine Absage. Man müsse Lohnnebenkosten senken und auch Besserverdiener entlasten, da diese ohnehin den größten Beitrag zum Sozialsystem leisten würden, so der Kanzler in seiner Rede.

Ein weiteres Herzensthema Bablers ist die Arbeitszeitverkürzung. Nicht von heute auf morgen, beteuert seine Partei, aber nach und nach. Auch das ist für Türkis und Blau ein Reizthema. Mehr statt weniger Arbeit, lautete auch die Devise bei der Kanzlerrede, dafür wolle man Anreize schaffen.

Babler sieht FPÖ in „Schlagweite“

Etwas schwerer tut sich die SPÖ mit einer einheitlichen Linie zur Asyl- und Migrationspolitik. Hier schlägt Babler als SPÖ-Chef etwas härtere Töne an als in früheren Zeiten als Traiskirchner Bürgermeister. Verfahren an den EU-Außengrenzen könne er sich etwa vorstellen, solange diese fair und unter einheitlichen Bedingungen ablaufen. Trotzdem klingt das anders, als wenn Nehammer vor der „Zuwanderung in unser Sozialsystem“ warnt und Kickl eine „Festung Österreich“ errichten will.

Und während Nehammer das Kanzler-Duell gegen Kickl ausgerufen hat, sieht sich Babler selbst als Hauptgegner des blauen Parteichefs auf dessen scheinbar ungebremsten Höhenflug. Für die SPÖ sei die FPÖ in „Schlagweite“, betonte der rote Parteichef, die ÖVP sieht er weit abgeschlagen.

Zweikampf ködert strategische Wähler

Dass beide alten Großparteien einen Zweikampf gegen Kickl ausgerufen haben, ist für Politikberater Thomas Hofer nachvollziehbar. Damit nehme man vor allem jene ins Visier, die einen freiheitlichen Kanzler verhindern wollen. Gibt es aber ohnehin keine Chance auf Platz eins, „ist das für strategische Wähler nicht ansprechend“, erklärt Hofer.

Eine Koalition mit Kickl sei für die ÖVP undenkbar, betont Nehammer immer wieder. Und doch setze die Volkspartei laut Hofer zum Teil auf freiheitliche Themen, um jene Stimmen zu halten, die die FPÖ einst an Ex-Kanzler Sebastian Kurz verloren hat.„Sicher nicht mit Kickl, aber bei manchen Themen hat er Recht“, sei nun das Motto der Volkspartei, sagt Hofer. Die SPÖ versuche, diese Trennung zwischen Inhalten und Person zu durchkreuzen. „Die ÖVP tut alles, um an der Macht zu bleiben. Wer Nehammer wählt, wählt Kickl mit“, laute die Botschaft.