Viele Materien haben im türkis-grünen Koalitionskampf mühsam errungen werden müssen, die Initiative zu Hass im Netz war dagegen von grundsätzlicher Einmütigkeit getragen. Wie so oft steckte zwar auch hier der Hund im Detail, aber das Gesetzespaket trat schon im ersten Jahr der Amtszeit in Kraft. Große Erfolge sehen allerdings aus. Nun wertete auch der Europäische Gerichtshof einen Teil des Pakets, das Kommunikationsplattformgesetz, als EU-rechtswidrig.

ÖVP und Grünen wollten damals dem wachsenden Problem der Hassrede in sozialen Plattformen mit drei Ansätzen begegnen. Erstens wurde das Strafrecht um neue Delikte ergänzt und die Verfolgung von Einzelfällen ermöglicht. Zweitens wurden die Mittel für die Opferhilfe und hier speziell für juristische und psychosoziale Prozessbegleitung erhöht. Drittens wurden große Plattformen verpflichtet, Verstöße gegen österreichische Gesetze zu überwachen, Postings zu löschen und Transparenzberichte zu erstellen.

Gesetz ist nicht EU-konform

Der Niederschlag der Initiative ist allerdings enden wollend. Dass dem Kommunikationsplatzformgesetz kein langes Leben beschieden sein wird, war jedoch schon von Beginn an klar. Die EU bereitete damals bereits ihre Regulierung der Online-Plattformen (Digital Services Act) vor. In Österreich wollte man aber in Vorleistung gehen, auch wenn allen bewusst war, dass dieses Gesetz auf EU-rechtlich tönernen Beinen steht. Nationale Vorschriften können nur in absoluten Ausnahmefällen den in anderen EU-Ländern residierenden Plattformen oktroyiert werden. Das Kommunikationsplatzformgesetz war dem EU-Gerichtshof dann auch tatsächlich zu allgemein formuliert. Es wird im Februar aber ohnehin durch den Digital Services Act, der für alle Mitgliedstaaten gilt, ersetzt.

Mit den Änderungen im Strafrecht und der Mittelaufstockung für die Prozessbegleitung wollte die Regierung bis dahin ungesühntes Verhalten unter Strafe stellen und Betroffenen mehr Möglichkeiten geben, sich zur Wehr zu setzen, speziell juristisch. Trotz der deutlich erweiterten Tatbestände für Cybermobbing und Verhetzung ist es in den ersten beiden Jahren zu keinem nennenwerten Anstieg der Anklagen gekommen. Zahlen für heuer liegen noch nicht vor.

Wenig Nachfrage nach Prozessbegleitung

Auch bei der Prozessbegleitung ist die Nachfrage nahezu unverändert geblieben. Das Budget für die Opferhilfe wurde wegen des Hass-im-Netz-Paket von 9,4 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 13,6 Millionen erhöht und für das kommende Jahr stehen sogar 16,1 Millonen Euro bereit. Die tatsächlichen Mehrausgaben sind jedoch marginal. Im Vorjahr wurden 10,6 Millionen Euro für Prozessbegleitung aufwendet, inflationsbereinigt ist das de facto dieselbe Summe wie vor den Gesetzesänderungen.

Im Justizministerium bestätigt man, dass die Inanspruchnahme bisher „unter den Erwartungen geblieben“ ist. Warum, weiß man im Ministerium nicht. Es könne „das noch nicht in der Gesellschaft verankerte Bewusstsein für juristische Relevanz sowie Angst vor der Konfrontation den jeweiligen Täterinnen und Täter sein“, heißt es. Seit dem Vorjahr läuft auch eine Kampagne, um die staatlichen Hilfsleistungen und Angebote zu bewerben. Die Kosten dafür beliefen sich bisher auf 440.000 Euro.