Flying home for Christmas. In Brüssel gehen jetzt nach und nach in den riesigen Gebäudekomplexen die Lichter aus und am Flughafen Zaventem sind sie dafür Tag und Nacht an. Weihnachten und Neujahr, die Zeit der internationalen Familienzusammenführungen. Viele reisen in ihre Heimatländer, nicht nur die Beamten und Abgeordneten, Brüssel ist ja auch die europäische Lobbyistenhochburg und Sitz zahlreicher internationaler Unternehmen. Andere wollen die Zeit für einen Kurzurlaub nutzen. Die, die sich in Belgien fest angesiedelt haben, bekommen dafür Besuch, Verwandte sind über die Feiertage eingeladen, die studierenden Kinder kehren an den elterlichen Tisch zurück, vom Studentenfutter zu Truthahn und Weihnachtskeksen.

Sie alle haben heuer dasselbe Problem. Omikron sind die Feiertage wurscht, punktgenau vor Beginn der großen Reisewelle kommt die große Coronawelle und wer den Überblick über die einzelnen Maßnahmen in den Ländern dieser Welt schafft, braucht gar nicht fertig zu studieren, der kriegt gleich einen Ehrendoktor. Von London nach Brüssel, zweieinhalb Zugstunden: Mit Test oder ohne, Onlineformular für Frankreich? Ist der Eurostar plombiert und hält gar nicht in Frankreich? Quarantäne in Belgien, oder doch nicht oder doch, aber mit Freitesten? Und wie dann wieder zurück im Jänner? Wann und wo welcher Test? Oder, noch besser, USA-Europa: Kein passender Direktflug, also Zielort Amsterdam. Niederlande im Lockdown, kann man dort aber ohne Einreisemurks jemand vom Flughafen abholen und zurück nach Belgien fahren? Und gelten für die Ankommenden die Einreisebestimmungen auch dann, wenn sie das Land in zwei Stunden wieder verlassen? Wie läuft das jetzt, wenn man gar ein exotisches Ziel wie Graz zum Beispiel ansteuert, wohin es keinen Direktflug gibt: Umsteigen wahlweise in Frankfurt, in Wien oder in Zürich, also Deutschland, Österreich, Schweiz – und jedes Mal andere Transitbestimmungen? Und was, wenn der Flug umgebucht wird?

Worauf ich möglicherweise hinauswollte: Schaut nach First-World-Problems aus, ist aber ein Abbild des europäischen Alltags und von dem sind auch die, die man gemeinhin im Elfenbeinturm vermutet, nicht ausgenommen. Gehört auch so, schärft vielleicht doch die Sinne für alles, was sonst gerne unter dem Begriff Abgehobenheit verräumt wird.

Ein paar Packerln hat uns die Kommission heute noch unter den Christbaum gelegt. Jetzt heißt aber erst einmal schauen, was genau da drinnen ist. Einmal geht es um einen Gesetzesvorschlag für eine (globale) Mindeststeuer, dafür gibt es bereits eine grundsätzliche Einigung zwischen EU und 130 Ländern. Man will damit die Verlagerung von Unternehmensgewinnen in Steueroasen verhindern, betroffen sind Firmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Die gibt es jetzt auch wieder nicht gerade wie Sand am Meer und ob es dann so läuft, dass aus einem Milliardenbetrieb dann halt zwei 500-Millionen-Läden gebastelt und so die Steuer umgangen wird, müssen wir abwarten. Im gleichen Atemzug geht die EU auch gegen Briefkastenfirmen und Tarnadressen vor – Steuern sollen dort gezahlt werden, wo der Umsatz gemacht wird. Und nicht im Hinterhof einer Baracke auf Guernsey, nur weil dort ein billiges Firmenschild angeschraubt ist, auf dem „Headquarter“ steht. Die großen Digitalkonzerne wie Facebook sollen schon bald nicht nur im jeweiligen Heimatland besteuert werden, sondern auch dort, wo sie tatsächlich Geschäfte betreiben.

Das zweite Packerl, heute geschnürt von Budgetkommissar Johannes Hahn, betrifft die neuen Eigenmittel der EU. Einfach ausgedrückt: Die Union will in Zukunft – vor allem, um damit die Schulden aus dem Wiederaufbaufonds begleichen zu können – neue Geldquellen anzapfen. Also kein beherzter Griff in unsere Geldbörseln, sondern neue Abgaben für die ganz Großen (und am Ende trifft's dann doch wieder unsere Brieftaschen, aber erst viel später, sodass es keiner merkt). Die Ausweitung des Emissionshandels, der geplante Klimaschutz-Zoll und die geplante globale Steuerreform sollen jährlich 17 Milliarden Euro ins Geldbörsel spülen, in das von Hahn halt, im übertragenen Sinn. Damit ließen sich die Schulden zurückzahlen und auch das Klimapaket ein bisserl aufpeppen.