Über die "Kronen-Zeitung" ließ Innenminister Herbert Kickl wissen, dass er einen Brief an drei EU-Kommissare geschrieben habe, in dem er vor einem Anstieg der Migration warne. Gestern erklärte er dazu, er wolle nicht wieder wie bei der "Massenimmigration von 2015/2016 Däumchen drehen und warten, bis wieder zigtausende Migranten der Grenze stehen".

Nichts zu tun wäre verantwortungslos, so Kickl. Denn: "Eine politische Reparatur- und Flickschusterei-Mentalität bringt uns in der EU nicht weiter, sondern nur ein klarer, proaktiver strategischer Zugang. Es gilt, eine neue Krise abzuwenden, statt darauf zu warten, bis sie ausbricht." Die Botschaft an die Schlepper und an illegale Migranten könne nur lauten: "Versucht es erst gar nicht!"

Zehntausende schon am Balkan

Der Brief richtet sich an Dimitris Avramopoulos, EU-Kommissar für Migration, Johannes Hahn, EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik, und Günther Oettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personal. Kickl verweist darin auf Warnungen des "Europol European Migrant Smuggling Centre", wonach eine großangelegte Wanderbewegung von der Türkei nach Europa zu erwarten sei. Die Situation am Balkan würde damit in eine neue Krise kippen. Zehntausende Migranten befänden sich bereits in der Region. 5,6 Millionen syrische Flüchtlinge im Nahen Osten zeigten das Potenzial einer "neuen massiven Migrationsbewegung".

Die Informationen sind nicht neu. Bereits am 9. März warnte Bosnien die EU: Im vergangenen Jahr hätten rund 22.000 Migranten aus dem Nahen Osten, Nordafrika und Asien Bosnien auf dem Weg in die EU passiert. In den Wintermonaten Jänner und Februar sei die Zahl zurückgegangen, mit dem Ende des Winters werde sie aber wieder steigen. 70.000 Migranten bereitete sich in Griechenland auf die Weiterreise über den Balkan vor. Bosnien teilt eine lange Grenze mit dem EU-Land Kroatien.

Durchbruchsversuch in Thessaloniki

Hunderte Migranten haben am Wochenende versucht, Polizeisperren vor einem Flüchtlingslager nahe der griechischen Hafenstadt Thessaloniki zu durchbrechen. Ihr Ziel ist es, Richtung Mitteleuropa zu marschieren. Dabei kam es zu Rangeleien mit der Bereitschaftspolizei, wie das griechische Fernsehen am Freitag berichtete. Die Polizei kritisierte, dass Frauen und Kinder als eine Art Vorhut eingesetzt werden.

Offenbar hatte im Internet das (falsche) Gerücht kursiert, wonach  die Grenze zwischen Griechenland und Nordmazedonien für Migranten aufgemacht werden soll, wenn sich Migranten massenweise dorthin begeben.

Hilferuf Bosniens

Im vergangenen Jahr stellte die EU Bosnien rund neun Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung. In acht so genannten Empfangszentren in Bosnien sind nach Angaben des Ministers derzeit rund 3500 Migranten untergebracht. "Wir wollen Teil einer europäischen Lösung sein, aber die EU kann sich nicht auf eine Lösung einigen", kritisierte der bosnische  Sicherheitsminister Dragan Mektic im März in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.

Das bosnische Sicherheitsministerium hatte am Donnerstag die "komplette Schließung" der 600 Kilometer langen Grenze zu Serbien und Montenegro angekündigt. Ungarn verstärkte den Grenzschutz an der Grenze zu Bosnien.

Kickls Vorschlag an die EU:

  • die Unterstützung der Westbalkanstaaten beim Aufbau von "effektiven Rückkehrsystemen für Migranten ohne Schutzbedarf"
  • Informationskampagnen
  • den Aufbau von "Kapazitäten vor Ort"

Insgesamt müssten von der EU dafür erheblich mehr Mittel als bisher frei gemacht werden.