Österreich ist unter den fünf EU-Schlusslichtern bei den Treibhausgas-Emittenten. 2019 werden vermutlich wieder über 80 Millionen Tonnen an Treibhausgasen in die Luft geblasen. Die aktuelle Vorlage des nationalen Klimaplans (NKEP) aus dem Kabinett von Übergangskanzlerin Birgit Bierlein sollte Österreich eigentlich zurück auf die "Klimaspur" bringen und eine CO2-Reduktion gegenüber 2005 um 36 Prozent bis 2030 ermöglichen. Das wird sich laut Wissenschaft- und Umweltschutz-NGOs bei weitem nicht ausgehen. Sie sprechen von einer "Klimaschutzlähmung". Österreich drohen bis zu 8,7 Milliarden Euro Strafzahlungen bei Nichterreichen der Ziele.

"Eine rote Linie der politischen Verantwortung ist überschritten worden," sagte der Klimaexperte Gottfried Kirchengast von der Uni Graz. "Der aktuelle Klimaplan ist so schwach ausgelegt, dass er nicht mal in die Nähe kommt, um die selbstgesetzten Klimaziele zu erreichen."  Selbst wenn die nächste Regierung alle Optionen und die Hetereogenität darin ausnütze, reiche er nicht aus. Der Plan "krankt" am Fehlen von Rahmenzielsetzungen. "Von zwölf notwendigen Brettern für diese Brücke sehe ich nur ein bis zwei Bretter, d.h. die neue Regierung müsste die gesamte Brücke noch selbst zimmern", sagte Kirchengast gegenüber der Kleinen Zeitung. Das jetzige Gerüst kann nur der Anfang eines erfolgsfähigen Plan sein. Die neue Regierung müsse ihn "komplett neu aufsetzen".

Nationaler Klimaplan muss "neu aufgesetzt" werden

Bisher hätten alle Bundesregierungen es verabsäumt, einen erfolgreichen Klimaschutzplan aufzustellen, obwohl Kirchengast und sein Team mit dem erarbeiteten Referenz-NEKP fundierte Vorschläge und Maßnahmen gelegt hätten. "Wir sind darauf angewiesen, dass die Frau Bundeskanzler noch Leaderschip an den Tag legt, um Verbesserungen zu nutzen." Kirchengast forderte die Politik auf - auch die türkis-grünen Koalitionsverhandler, "Nägel mit Köpfen" zu machen. "Der nationale Klimaplan braucht wirklich eine grundlegende Reform."

Kirchengast begrüße eine CO2-Bepreisung gegenüber einem Ausbau des klassischen Emissionshandels (wie im deutschen Modell). Für eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich hätte eine CO2-Bepreisung eine stimulierende Wirkung auf die Wirtschaft und eine bessere Lenkungswirkung, sagte Kirchengast. Egal ob bei einem Preismodell oder Emissionshandelsmodell: ein Preis von mindestens 50 Euro pro Tonne CO2 wäre ein Minimum, um Lenkungseffekte zu erzielen.

Kirchengast hofft jetzt auf die Von der Leyen-Kommission, die im europäischen Kontext eine 50 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 anstreben will. Diese schärferen Klimaziele müssten dann auch national tiefgreifend nachgebessert werden. 

Kirchengast zieht sich zurück

Für den Klimaexperten Kirchengast  sei jetzt  "alles gesagt". Das zentrale Ziel den nationalen Klimaplan bis Ende 2019 zu verbessern sei grundsätzlich vom Klimaforschungsnetzwerk "Climate Change Centre Austria" (CCCA) verfehlt worden, "obwohl wir alles gesagt haben." Damit verkündete er auch seinen Rückzug aus der aktiven Öffentlichkeitsarbeit rund um CCCA, bis die EU-Kommission die 50% Reduktion bis 2030 beschlossen hat oder die neue Regierung den Klimaplan neu aufgestellt hat.  Kirchengast sei bis dahin nur mehr für Anfragen "freitags, fünf nach zwölf" zu erreichen.