Der vormalige EU-Minister Gernot Blümel hat am Dienstag im Namen der ÖVP Ursula von der Leyen (CDU) gratuliert, nachdem sich der Europäischen Rat auf die bisherige deutsche Verteidigungsministerin als neue EU-Kommissionspräsidentin geeinigt hat.

"Ich gratuliere Ursula von der Leyen sehr herzlich und wünsche ihr viel Erfolg für Ihre neue Aufgabe. Unsere Unterstützung im Europaparlament ist ihr sicher", erklärte Blümel in einer Aussendung.

Es sei schlussendlich gelungen, ein sehr gutes und ausgewogenes Gesamtpaket zu beschließen – in regionaler Hinsicht, hinsichtlich der Ausgewogenheit von Mann und Frau und unter Berücksichtigung des Wahlergebnis, betont Blümel und zeigt sich erfreut, dass "der geplante Geheimdeal der Wahlverlierer verhindert werden konnte".

Die EU müsse tatsächlich demokratischer und bürgernäher werden, "damit man sich darauf verlassen kann, dass auch nach der Wahl gilt was vor der Wahl versprochen wurde", so der ÖVP-Spitzenpolitiker.

Bierlein: "Sehr sehr gutes Ergebnis"

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hat sich am Dienstagabend in Brüssel positiv über den Personalpaket-Vorschlag für die künftige EU-Spitze geäußert. Sie sprach nach Ende des Marathon-Gipfels von einem "sehr sehr guten Ergebnis" und strich vor allem heraus, dass die Kommission erstmals von einer Frau geleitet werden soll.

Sie freue sich insbesonders, dass mit Ursula von der Leyen erstmals eine Frau für dieses Amt vorgeschlagen worden sei, sagte Bierlein in einem kurzen Statement: "Ein historischer Moment". Bierlein betonte außerdem, dass sie mit dem österreichischen Parlament Rücksprache gehalten habe: "Ich habe mich mit allen Parteispitzen abgesprochen." Die Frage, ob auch alle Fraktionen pro Von der Leyen gewesen seien, ließ sie unbeantwortet.

Optimistisch äußerte sich die Kanzlerin, dass die Nominierung der deutschen CDU-Verteidigungsministerin trotz angekündigten Widerstands der europäischen Sozialdemokraten auch das EU-Parlament passieren wird. Sie sei "zuversichtlich".

Neos: "Machtspielchen im Hinterzimmer"

Kritisch zeigte sich dagegen die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon: "Was wir in den letzten Tagen gesehen haben, war keine Zusammenarbeit im Sinne eines vereinten, handlungsfähigen Europas. Was wir vor allem gesehen haben waren Taktiererei sowie intransparente Machtspielchen im Hinterzimmer. Und das ist eindeutig der falsche Weg und tut dem Ansehen der Europäischen Union nicht gut."

Dieses Prozedere sei "ein unwürdiges und undemokratisches Schauspiel. Es ist der beste Beweis dafür, dass man hier dringend etwas ändern muss. So etwas darf sich in fünf Jahren nicht wiederholen", meinte Gamon, die die NEOS-Forderung bekräftigte, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Präsidentin bzw. ihren Präsidenten selbst wählen sollen.

SPÖ: "Nichts mit Wahlen zu tun"

Für den Leiter der SPÖ-EU-Delegation Andreas Schieder ist die deutsche Verteidigungsministerin Ursula Von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin einzusetzen, "ein schlechter Vorschlag". Von der Leyen sei "weder Spitzenkandidatin noch überhaupt Kandidatin" gewesen und daher "nicht zu akzeptieren", berichtete Schieder am frühen Dienstagabend in Straßburg.

Innerhalb der sozialdemokratischen Parteienfamilie (S&D) sei die Meinung "relativ einheitlich" gewesen, so der SPÖ-Politiker im Anschluss an ein Treffen der Delegationsleiter. Der Vorschlag sei eine "totale Abkehr vom Spitzenkandidatensystem", das von mehreren Europaparlamentsfraktionen unterstützt wurde, und habe "gar nichts mit den EU-Wahlen" zu tun.

Die Idee der Spitzenkandidaten sei gewesen, dass die Europawahl einen wesentlichen Einfluss auf die Europäische Politik nach den Wahlen haben solle, einerseits auf das EU-Parlament, die Zusammensetzung der EU-Kommission und des EU-Kommissionspräsidenten. "Es kann nicht sein, dass das Europaparlament und der Wählerwille einfach ignoriert wird", sagte der SPÖ-Europaabgeordnete.

FPÖ: "Besorgniserregend"

Als "sehr besorgniserregend" hat der FPÖ-Generalsekretär und freiheitliche Delegationsleiter, Harald Vilimsky, die Nominierung des Europäischen Rates für die EU-Top Jobs bezeichnet.

"Mit Ursula von der Leyen als mögliche Kommissionspräsidentin wird ein verlängerter Arm Merkels nach Brüssel beordert, die, zusammen mit ihrer potentiellen EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, die utopischen Wünsche des gescheiterten französischen Präsidenten Macron durchboxen will", meinte Vilimsky am Dienstag in einer Aussendung.

Er befürchtet ein Bündnis zwischen Paris, Berlin und Brüssel, welches ein Nachteil für kleinere Länder wie Österreich ist. "Ich gehe davon aus, dass Vorhaben wie die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips oder die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nun Realität werden und dadurch Österreich an Mitbestimmung deutlich einbüßen wird", so der freiheitliches EU-Abgeordnete.

Vilimsky kritisiert vor allem, dass das System des Spitzenkandidaten durch diese Entscheidung gescheitert ist und "man den Wähler wieder einmal zum Narren gehalten" habe. "Wenn man hier schon so großspurige Versprechen macht, sollte man sich auch an diese halten. Stattdessen kommt die alte Brüsseler Hinterzimmerpolitik wieder zum tragen", sagte Vilimsky. Die FPÖ wird jedenfalls keinen der nominierten Kandidaten unterstützen.