Es ist der weltweit am häufigsten eingesetzte Pestizid-Wirkstoff und speziell in Europa seit Jahren der wohl umstrittenste: Die Rede ist von Glyphosat, einem Mittel, das alle Pflanzen tötet, die damit in Berührung kommen, und darum als Unkrautvernichter auf Äckern und anderen Flächen breite Anwendung findet. Seit die internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Substanz 2015 als "wahrscheinlich krebserzeugend für Menschen" eingestuft hat, tobt um das Mittel ein erbitterter Streit. Auf EU-Ebene könnte heute die Entscheidung fallen, Glyphosat unionsweit für weitere zehn Jahre zuzulassen.

Anders als die WHO stuft die europäische Chemikalienbehörde (ECHA) Glyphosat nämlich als unbedenklich ein – eine Einschätzung, der heuer auch die europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) folgte. Unter dem Protest vieler Umweltorganisationen legte die EU-Kommission daraufhin den Vorschlag der Zulassungsverlängerung vor, über den die Mitgliedsstaaten heute hinter verschlossenen Türen abstimmen sollen. Wenden sich die Staaten dagegen, läuft die Glyphosat-Zulassung in Europa am 15. Dezember automatisch aus.

Parlamentsbeschluss bindet Österreich

Bis zuletzt herrschte deshalb ein zähes Ringen um Mehrheiten im zuständigen Kommissionsausschuss. Als angenommen gilt die Zulassungsverlängerung nur dann, wenn eine qualifizierte Mehrheit (mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren) dafür stimmt. Als entscheidend wird das Verhalten Frankreichs eingeschätzt, das laut Medienberichten zuletzt mit Teilen des ursprünglichen Kommissionsvorschlags nicht einverstanden war. Österreich ist im Ausschuss durch die Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) vertreten, die im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums abstimmt – und zwar gegen den Vorschlag. Grund dafür ist ein Parlamentsbeschluss, den die SPÖ 2017 gemeinsam mit Grünen und FPÖ fällte und der Österreich zu einem "Nein" in Sachen Glyphosat-Verlängerung verpflichtet.

Doch selbst wenn es heute keine Mehrheit für die Zulassungsverlängerung des Pestizids geben sollte, wäre diese nicht automatisch vom Tisch. Denkbar wäre eine Pattsituation, womit das Thema ins Berufungsverfahren wandern würde. Gibt es auch dort keine Einigung, liegt es an der Kommission, über die Zulassung zu entscheiden.
Wird diese erteilt, hätte auch Österreich keine rechtliche Möglichkeit für ein nationales Totalverbot. Seit 2021 gilt hierzulande aber ein Teilverbot von Glyphosat für sensible Orte wie Kinderspielplätze, Parks oder auch Privatgärten.