Die ukrainische Gegenoffensive ist in Gebiet vorgestoßen, das bereits seit 2014 von russischen Truppen besetzt ist. Das geht aus dem britischen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine vom Dienstag hervor. Demnach haben Mitglieder der ukrainischen Luftstreitkräfte kleine Vorstöße im Osten des Dorfes Krasnohoriwka nahe der Stadt Donezk gemacht. Unterdessen starben bei einem russischen Raketenangriff auf das Zentrum der Stadt Kramatorsk am Abend mindestens vier Menschen.

Dutzende Verletzte nach Beschuss

Die russische Armee habe Kramatorsk am Dienstagabend zwei Mal beschossen und dabei unter anderem ein Restaurant getroffen, teilte der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko auf Telegram mit. Neben dem Restaurant seien mehrere Häuser beschädigt worden. Unter den Verletzten seien auch ein Kind sowie die ukrainische Schriftstellerin Victoria Amelina und der kolumbianische Autor Hector Abad. Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach möglichen Verschütteten. Es wurden mindestens 47 Verletzte gezählt. "Das ist das Stadtzentrum. Das waren öffentliche Restaurants, die von Zivilisten bevölkert waren", sagte der Gouverneur der Region Donesk, Pawlo Kyrylenko.

"Jüngste vielfache und gleichzeitige ukrainische Angriffe" im gesamten Donbass haben Kräfte der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk und tschetschenische Einheiten, die dort operieren, überfordert, hieß es in dem britischen Bericht.

Wie Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Dienstag sagte, nutzte die Armee auch den Wagner-Aufstand zu Angriffen. Maljar berichtete von Angriffen unweit der östlichen Stadt Bachmut, die von den Invasoren nach einem monatelangen erbitterten Kampf besetzt worden war. "Gerade halten die Angriffe am Abschnitt Bachmut bereits den vierten Tag an", schrieb sie am Dienstag auf Telegram. Jeden Tag seien dabei "entlang der Flanken" Fortschritte erzielt worden. Nach Bachmut selbst seien die ukrainischen Einheiten dabei jedoch noch nicht vorgedrungen. Die russischen Soldaten würden dort jetzt die von den Ukrainern vorher errichteten Befestigungen nutzen. "Daher braucht es für die Befreiung dieser Landstriche größere Anstrengungen und Geduld", sagte Maljar.

Stadt ursprünglich von Wagner erobert

Die im ostukrainischen Gebiet Donezk gelegene Stadt ist maßgeblich von der russischen Söldnertruppe Wagner erobert worden, die damals noch an der Seite der regulären russischen Armee kämpfte. Wenig später eskalierte dann ein lange schwelender Machtkampf zwischen Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin und der russischen Militärführung um Verteidigungsminister Sergej Schoigu, der am Wochenende in einem spektakulären Vormarsch der Söldnertruppen bis vor Moskau gipfelte.

Die ukrainische Gegenoffensive verläuft auch nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj erfolgreich. "Heute sind unsere Soldaten an allen Richtungen im Vormarsch, es ist ein glücklicher Tag", sagte er am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. Er wünsche den Soldaten mehr solcher Tage. Vor seiner Rede, die er in einem Zug hielt, hatte Selenskyj mehrere Frontabschnitte besucht.

Es sei ein ausgefüllter und emotionaler Tag gewesen, sagte der Präsident. Er habe sowohl den Raum Bachmut als auch den Süden des Landes in Saporischschja besucht und mehrere Auszeichnungen verteilt, unter anderem zwei goldene Sterne für Helden der Ukraine - die höchste Auszeichnung des Landes. Angesichts der jüngsten Erfolge gab sich Selenskyj überzeugt vom Sieg gegen die russischen Besatzer. So hatte die Führung in Kiew am Montag die Rückeroberung einer weiteren Ortschaft im Gebiet Saporischschja vermeldet. "All unsere Erde wird frei sein - absolut alles", sagte der Staatschef.