Der russische Präsident Wladimir Putin warf dem Westen nach der erzwungenen Landung der Ryanair-Maschine in Minsk einen "Ausbruch an Emotionen" vor. Weißrusslands Alexander Lukaschenko seinerseits kritisierte, dass der Westen sein Land destabilisieren wolle.

"Sie versuchen, die Lage zu erschüttern, um das Niveau des vergangenen Augusts zu erreichen", sagte Lukaschenko laut Nachrichtenagentur TASS. Im August 2020 war es nach der von massiven Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl in Weißrussland zu beispiellosen Massenprotesten gekommen. Die friedlichen Anti-Regierungs-Demonstrationen wurden vom Regime brutal niederschlagen, viele Regierungskritiker gefoltert und festgenommen.

Die EU hatte wegen der Zwangslandung der Ryanair-Passagiermaschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius am Sonntag und der anschließenden Festnahme des politischen Aktivisten und Bloggers Roman Protassewitsch neue Sanktionen gegen den Machtapparat in Weißrussland in die Wege geleitet. Dazu gehört auch ein Flugverbot für die Fluggesellschaft der Ex-Sowjetrepublik. Europäische Fluglinien meiden zudem den weißrussischen Luftraum.

Die EU-Sanktionen würden die staatliche Fluglinie Belavia bestrafen, obwohl sie nichts mit dem Vorfall zu tun habe, sagte Lukaschenko. Putin zog erneut einen Vergleich mit dem 2013 in Wien von US-Seite zur Landung bewegten Flugzeug mit Boliviens Präsident Evo Morales an Bord. Damals habe der Westen nicht reagiert. "Das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten wurde einmal zur Landung gezwungen. Der Präsident wurde aus dem Flugzeug geführt und nichts, Schweigen", sagte Putin.

Es ist bereits das dritte Treffen Putins und Lukaschenkos in diesem Jahr. Lukaschenko will, wie er sagte, mit Putin über die Folgen der Sanktionen der EU und der USA sprechen, die Weißrussland wirtschaftlich zu schaffen machen. Schon jetzt steht Minsk mit Milliardenbeträgen bei Moskau in der Kreide. Ungeachtet der wachsenden Kosten für Russland hatte Putin zuletzt immer wieder betont, Lukaschenko weiter zu unterstützen. Weißrussland hängt wirtschaftlich am Tropf Russlands. Lukaschenko ist auch politisch abhängig von Moskau.

Der russische Präsident betonte mehrmals, dass er seinen Amtskollegen in dem Disput mit dem Westen unterstütze. Der Handel zwischen beiden Länder habe zugenommen. "Das ist eine gute Tendenz", meinte Putin, der Lukaschenko an der Schwarzmeerküste auch zum Baden einlud. Die Zusammenarbeit solle fortgesetzt werden.

Thema war auch die von Moskau angestrebte Union zwischen Russland und Weißrussland. Putin erklärte, dass die Integration voranschreite, aber ohne Eile. "Sie und ich sind in die Fragen des Aufbaus des Unionsstaates involviert, wir tun dies, wie wir vereinbart hatten, ausgehend von der Prämisse, die Interessen sowohl Weißrusslands als auch Russlands zu gewährleisten", sagte Putin.

Unterdessen besuchte die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja die Niederlande. Premier Mark Rutte betonte, dass Lukaschenko offenbar in Panik gerate. "Das Regime ist eindeutig in Panik", erklärte er in Den Haag. "Wir werden keinen Stein auf dem anderen lassen." Tichanowskaja forderte erneut von der EU mehr Mut im Vorgehen gegen die Regierung in Minsk. Die von der EU diskutierten Strafmaßnahmen gegen die weißrussische Wirtschaft gingen nicht weit genug. EU-Diplomaten arbeiten derzeit an weiteren Sanktionen, die auf die wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes, den Kali- und den Ölsektor, abzielen.

Die EU-Kommission legte unterdessen einen Plan für ein drei Milliarden Euro starkes Unterstützungspaket für Weißrussland vor. Es soll aktiviert werden, "sobald Belarus einen demokratischen Übergang eingeleitet hat", wie die Brüsseler Behörde am Freitag mitteilte. Bereits beim EU-Gipfel Anfang der Woche war das Drei-Milliarden-Paket angesprochen worden, nun sollen die EU-Staaten darüber beraten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte an die weißrussischen Behörden gewandt: "Kein noch so großes Maß an Repression, Brutalität oder Zwang wird Ihrem autoritären Regime irgendeine Legitimität verschaffen." Zudem höre und sehe man den Wunsch des weißrussischen Volks nach Veränderung, Demokratie und einer guten Zukunft. Sobald in dem Land ein friedlicher demokratischer Übergang eingeleitet werde, werde die EU da sein, um diesen zu begleiten, so von der Leyen. Das geplante Hilfspaket soll etwa die wirtschaftliche Erholung des Landes fördern sowie Strukturreformen unterstützen.